: Kaltgefaßt daneben
■ Joschka Fischer und der Paragraph 218
Menschliche Wärme ist etwas Feines. Der hessische Abgeordnete der Grünen, Joschka Fischer, verschwendet sie nicht alle Tage und schon gar nicht an jede/n. Umso mehr überrascht eine Meldung in der „Frankfurter Rundschau“ vom 22. Oktober. „Kaltgefaßt“, steht da zu lesen, finde Fischer den Beschluß seiner Partei zur Abschaffung des Paragraphen 218. Und wem sagt er das? Der katholischen Studentengemeinde. Fischer klagt nicht nur mehr Wärme ein, er regt auch die Phantasie an. Wie bitteschön verkauft sich Katholiken der schnöde Mord am Fötus besser? Vielleicht durch umweltfreundliche Abtreibung? Abortus in den Tropen? Durch den Appell ans weiche Herz der WählerInnen - mit Schilderung des gar schauerlichen Schicksals, das der unzähligen verhärmten, leidenden, verlassenen, möglichst gar minderjährigen und arbeitslosen werdenden Mütter bei Beibehaltung des Paragraphen 218 harrt? Vierzehn Feministinnen und grüne Frauen rätseln in einem Offenen Brief mit. Ob zum Beispiel Parteibeschlüsse zur Atomkraft ab sofort „warmgefaßt“ werden? Multi–Talent Fischer wird schon Rat wissen. Gestern mittag war zu hören, er arbeite an einer Erläuterung. Wir empfehlen vorerst: warm anziehen, wenn ein kalter Wind weht! Gefaßt kalt grüßt Kaltmamsell Platen
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