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I N T E R V I E W Personelle Erneuerung nötig

■ Walter Gehrmann (40), kaufmännischer Angestellter aus Nordfriesland, begründet, warum er CDU–Parteibuch und Stadtratsmandat hingeschmissen hat

taz: Herr Gehrmann, Sie sind in der vergangenen Woche aus der CDU ausgetreten und haben gleichzeitig ihr CDU–Mandat im Stadtrat Friedrichstadt (Nordfriesland) zurückgegeben. Warum? Gehrmann: Für mich ist die Politik ein derart schmutziges Geschäft geworden, daß ich da nicht mehr weiter tätig sein möchte. Hauptsächlich beruht meine Entscheidung auf den Vorgängen um Ministerpräsident Barschel. Ich mußte erkennen, daß ein unglaubwürdiger Intrigant wie Herr Pfeiffer in der Lage ist, einen Menschen in den Tod zu hetzen. Ganz egal, wie der Mann zu Tode gekommen ist, auslösender Faktor waren die Vorgänge um die Landtagswahl 1987. Kritisieren auch Sie, daß die CDU Herrn Barschel zu schnell „fallengelassen“ hat ? Auch das ist für mich ein Argument. Politisch und moralisch war der Ministerpräsident nicht allein verantwortlich, sondern auch andere CDU– Spitzenpolitiker, ebenso Politiker aus den Reihen der SPD. Aber maßgeblich für die Schmutzkampagne gegen die Opposition war doch wohl die Verfilzung von Regierungspartei und Staatskanzlei Verfilzung möchte ich es nicht unbedingt nennen. Sicherlich, nicht Barschel, sondern Mitarbeiter der Staatskanzlei haben Pfeiffer eingestellt. Die gesamte Kampagne war ein lang vorbereiteter Coup und passierte nicht erst kurz vor der Wahl. Finanzminister Roger Asmussen zum Beispiel hätte wegen der anonymen Steueranzeige viel früher einschreiten müssen. Welche Perspektiven sehen Sie für die CDU bei den Neuwahlen? Zunächst mal ist eine gewisse Erneuerung absolut vonnöten, personell wie programmatisch. Ich hoffe sehr, daß die CDU trotzdem die nächsten Wahlen gewinnt. Von der Grundlinie der CDU–Politik bin ich nach wie vor überzeugt. Vor Abschluß des Selbstreinigungsprozesses werde ich aber nicht wieder eintreten. Darauf können Sie von außerhalb keinen Einfluß nehmen ... Nein, aber gegenwärtig sehe ich auch keine Chance dazu. Die Proteste von der Basis sind ja schon in Kiel gelandet. Trotz dieser Proteste ist nicht erkennbar, daß man oben in der Landesführung bereit wäre, etwas zu ändern. Interview: peb

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