Palme–Mord: Polizei gegen Polizei

■ Ermittlungen gegen rechtsradikale Polizisten innerhalb der Stockholmer Polizei / Die Spur wurde aufgrund einer Zufallsentdeckung weiter verfolgt / Polizist von Busfahrer identifiziert

Aus Stockholm Reinhard Wolff

Zwanzig Monate nach dem Mord am Ministerpräsidenten Olof Palme ermittelt die schwedische Polizei nun gegen sich selbst. Ziel der Ermittlungen ist eine rechtsradikale Gruppe innerhalb der Stockholmer Polizei. Schon unmittelbar nach dem Attentat hatte es Hinweise in diese Richtung ge geben, die aber von der damaligen Fahndungsleitung schnell zu den Akten gelegt worden waren. Brandaktuell wurde die nie kalt gewordene Spur jetzt durch einen Wasserschaden in einer Mietswohnung in Stockholm: Durch eine Zimmerdecke tropft Wasser, der Mieter, ein Polizist, nennen wir ihn Svenson, ist nicht erreichbar. Der Vermieter bittet einen Kollegen von Svenson, als „Zeuge“ die Wohnung mit ihm zu betreten. Um an die defekte Wasserleitung zu kommen, muß ein Wandschrank ausgeräumt werden. Im Wandschrank befinden sich mehrere moderne Handsprechfunkgeräte, eine Uniformmütze der deutschen Waffen–SS und andere Nazi–Utensilien. Der Leiter der Stockholmer Polizei Roland Öhrn wird informiert. Die sozialdemokratische Zeitung Arbetet bekommt einen heißen Tip, der einen Tag später von Öhrn bestätigt wird. Der Polizist Svenson ist kein Unbekannter, gegen ihn war schon im Zusammenhang mit dem Palme–Mord ermittelt worden. Die Ermittlungen waren jedoch eingestellt worden. Unabhängig voneinander hatten ein Busfahrer und ein Fahrgast aus dem Bus die damalige Fahndungsleitung auf einen Mann mit einem Sprechfunkgerät hingewiesen, der zur Tatzeit in unmittelbarer Nähe des Tatorts kurz den Bus bestieg und ihn sofort wieder verließ, als er den Fahrgast sah, der ihn persönlich kannte. Der Busfahrer bestätigt diese Beobachtungen und die Identität Svensons. Nachdem beide Zeugen ihre Aussage in einem Rundfunkprogramm jetzt noch einmal öffentlich wiederholten, sah auch Polizeichef Öhrn Handlungsbedarf. Von ihm kommt die zusätzliche Information, daß in der Wohnung des Polizisten Svenson technisches Gerät zum Abhören von Telefonen gefunden worden sei, dessen Besitz für Privatpersonen ungesetzlich ist. Gegen Svenson hat es mehrfach Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung im Amt gegeben, zwei Tage vor dem Palme–Mord war er von einem Gericht deswegen zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Roland Öhrn: „Es gibt mittlerweile so viele Seltsamkeiten und Fragezeichen, daß wir ein für alle Mal diesen Komplex aufklären müssen.“ Polizist Svenson soll sich noch im Dienst befinden.