Normalvollzug

■ Zu den Beschlüssen der Innenministerkonferenz

Nach diesem Beschluß der Innenministerkonferenz sind die Chancen für die FDP, die Einführung des Vermummungsverbots und die Änderung des Versammlungsrechts zu verhindern, verschwindend gering geworden. Auch die Wahrscheinlichkeit, daß die vor Wochen noch für aussichtslos gehaltene Verschärfung des Landfriedensbruch–Paragraphen durchgeführt wird, ist deutlich größer geworden. Das ist zwar bemerkenswert und wird für die außerparlamentarische Opposition höchst folgenreich sein - erstaunlich ist es nicht. Erstaunlich ist allerdings die scheinbare Ruhe, mit der die Gesetzesvorhaben hier in Bonn diskutiert und, höchstwahrscheinlich, durchgezogen werden. Die Demontage des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit und die versuchte Abdrängung eines erheblichen Flügels der Bewegungen in die Illegalität bedürfen noch nicht einmal eines besonders aufgeheizten Klimas - sie werden im Normalvollzug durchgesetzt. Möglich ist das nur, weil es auch von der kritischen Öffentlichkeit passiv hingenommen wird. Auf den Einzelfall (Frankfurter Schüsse) und dessen Besonderheiten kommt es in dieser Auseinandersetzung nicht an. Die Mechanik des Trios militante Aktion–Distanzierung–Gesetzesverschärfung funktioniert in jedem Fall reibungslos. So wenig wahrnehmbar wie diesmal war der Widerstand noch nie. Oliver Tolmein