„Freiwillig ohne Vermummung“

■ Diskussionsveranstaltung der Frankfurter Grünen / Den Täter nicht ausgrenzen / Scheitern des Volksbegehrens als ein Grund für Gewalt an der Startbahn West / Gewaltfreie Bewegung soll Trauer beweisen

Aus Frankfurt Heide Platen

Die Schüsse an der Startbahn West waren das Diskussionsthema einer Veranstaltung der Grünen am Donnerstag abend im Frankfurter Volksbildungsheim. Auf dem Podium saßen Daniel Cohn–Bendit, Joscha Schmierer, Pfarrer Bohris aus der Startbahn–Gemeinde Mörfelden, der Hochschullehrer Egbert Jahn und die grüne Bundestagsabgeordnete Antje Vollmer. Daniel Cohn–Bendit erinnerte in seinem Vortrag an die Geschichte der Linken seiner Generation, die nach den Ereignissen von Mogadischu und Stammheim vor zehn Jahren in einer ähnlichen Situation gewesen seien wie die Autonomen jetzt. Er kritisierte den grünen Fraktionsführer im hessischen Landtag, Joschka Fischer, der gesagt hatte, die Morde seien eine „Säge an der Demokratie“. Das sei falsch, militante Mittel hätten das System nie gefährdet sondern immer stabilisiert. Cohn– Bandit warnte davor, den Täter auszugrenzen und damit die politische Verantwortung von sich zu weisen: „Der Schütze ist keine Bestie, kein Psychopath. Jeder, der festgenommen wird, ist ab diesem Moment ein Opfer.“ Pfarrer Bohris erinnerte noch einmal an die Geschichte der Startbahnbewegung und daran, daß nach dem „Nackten–Samstag“ 1981 der friedliche Konsens der Bürgerinitiative zerbrochen sei, weil ein Teil der Bevölkerung „defensive Strategien“ zur Kampf gegen die Startbahn befürwortete. Egbert Jahn bat die heutige gewaltfreie Bewegung zur moralischen Nagelprobe. Sie müsse jetzt massenhaft und unvermummt auf die Straße gehen und ihre Empörung über die Polizisten–Morde offen zeigen. Sie solle ihre Trauer am Beerdigungstag beweisen. Wer bei der Ermordung des Studenten Benno Ohnesorg gesagt habe, „Bild schießt mit“, müsse auch die Verantwortung für Gewalt aus den eigenen politischen Reihen übernehmen. Diese sei „viel, viel schlimmer als die von der anderen Seite“. Auch Antje Vollmer meinte, daß die Atmosphäre an der Startbahn solche Taten provoziert habe. Sie wandte sich an einige Zwischenruferinnen und fragte sie, wie sie das „widerliche Macho–Gehabe“ der militanten Männer aushielten. Gegenruf: „Ab sofort alle Männer wie Otto!“ Vollmer kritisierte außerdem auch die radikalisierte Sprache der Militanten. Der grüne Frankfurter Stadtverordnete Tom Koenigs rief die Versammelten auf, bei kommenden Demonstration freiwillig „aus eigener Kraft“ auf Vermummung, Zwillen, Molotow–Cocktails und Knüppel zu verzichten.