: Kiel: Springer–Mannen in Grauzone
■ Verlagschef Tamm: Wir haben immer Journalisten für Pressestellen / Burda–Prinz: Diese Sorte gibt es bei Springer nicht / Pfeiffer bekommt 45.000 Mark für einen Ganzjahresurlaub im Jahr 1988
Aus Kiel Feldner & Fenner
Wer gern über verschusselte Grandseigneurs schmunzelt, der kommt im Kieler Untersuchungsausschuß auf seine Kosten. Nach den Körperpflegemittel–Managern Schwarzkopf und Ballhaus gastierten gestern die Pressefürsten Peter Tamm und Günter Prinz in der Rolle der leicht zerstreuten Herrscher, die über allen Wassern schweben und nichts genau wissen. Wie Barschels früherer Medienreferent Pfeiffer zum Springer–Konzern und von dort zur Kieler Landesregierung gekommen ist, liegt für Prinz, den ehemaligen Vize–Chef der Springer–AG, „in einer Art Grauzone des Gedan kens“. Springers Vorstandsvorsitzender Tamm machte es sich auf andere Art leicht: Er trat erst in letzter Minute durch einen Seiteneingang auf, las acht Seiten Altbekanntes vom Blatt und bot zur Besänftigung des Ausschusses und der Journalisten dann noch ein Bonbon an: Pfeiffer wird mit 45.000 Mark abgefunden, braucht dafür 1988 nicht mehr für Springer zu arbeiten. Pfeiffer hatte eigentlich 108.000 Mark haben wollen. Nach Prinzens Erinnerung hatte Barschel sich vom Springer– Verlag keinen Mann für die Pressestelle, sondern einen für die CDU–Wahlkampfzeitung ge wünscht, da war der Zeuge sicher. Bei Springer jemanden für eine Pressestelle zu kriegen, sei „völlig absurd“. Vom hohen Ross herab wollte Prinz, demnächst Sonderbeauftragter bei Burda, „keine Kollegen aus Pressestellen beleidigen, aber das ist eine andere Sorte von Journalisten“. Diese Sorte gäbe es im Zeitungshaus Springer nicht. Im Kieler Landeshaus erinnert man sich dagegen noch gut an Siegmar Schelling, der von der Welt am Sonntag als Redenschreiber in die Staatskanzlei wechselte und dann wieder zur WamS zurück ging. Den fliegenden Wechsel von Springer „zu Parteien und Pressestellen“ hielt auch Tamm für völlig alltäglich. Einzelheiten von Pfeiffers Einstellung bei Springer erwartete der Ausschuß von drei weiteren Springer–Zeugen, die jedoch nicht erschienen. Ausschuß–Vorsitzender Klingner (SPD) will sie nun per Gerichtsbeschluß in den Zeugenstand zwingen. Wegen übler Nachrede und Verleumdung hat der zurückgetretene Kieler SPD–Pressesprecher Nilius gestern den stellvertretenden Chefredakteur der Welt, Enno von Löwenstern, angezeigt. Nilius wird von einer Anwaltskanzlei vertreten, der auch der FDP–Politiker Wolfgang Kubicki angehört.
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