: INF–Vertrag nächste Woche fertig?
■ Reagans Plan, Gorbatschow während seines Besuchs zum Abschluß des Abkommens vor dem Repräsentantenhaus sprechen zu lassen, stößt auf Widerstand in der eigenen Partei
Genf/Washington (dpa/ap/taz) - Der amerikanisch–sowjetische Vertrag für einen weltweiten Abbau aller Mittelstreckenraketen (INF) soll in der nächsten Woche fertig werden. Diesen Eindruck vermittelten die Chefunterhänder Max Kampelman (USA) und Juli Woronzow (UdSSR) nach den am Dienstag beendeten dreitägigen Gesprächen in Genf, obwohl keine endgültige Einigung erzielt wurde. Nach wie vor ungelöst sind Fragen der Kontrollprozedur, die es beiden Seiten ermöglichen soll, nachzuprüfen, ob das Abkommen auch eingehalten wird. Nach US–Angaben fehlen noch einige Daten über die genauen Standorte der sowjetischen Mittelstreckenraketen. Umstritten ist auch die Überprüfungsmethode für die sowjetische SS 20–Rakete. Die Amerikaner haben herausgefunden, daß die erste Stufe dieser Rakete mit der ersten Stufe der mobilen Interkontinentalrakete SS 25 identisch ist. In dem Interview des sowjetischen Fernsehens wandte sich Woronzow gegen den Plan der USA, nur den Rumpf und die Flügel der Marschflugkörper zu verschrotten, während der Atomsprengkopf sowie das Leit– und Antriebssystem intakt bleiben sollen, um - wie Experten der Friedensbewegung befürchten - den Bau seegestützter Cruise Missiles zu erleichtern. Die UdSSR will aber auf einer wirklichen Zerstörung der Cruise Missiles bestehen. Zu dem Gipfeltreffen mit US– Präsident Reagan will der sowjetische Parteichef Gorbatschow am 7. Dezember in die USA reisen. Auf Empfehlung des Weißen Hauses soll Gorbatschow, als erster Repräsentant eines kommunistischen Staates, Gelegenheit erhalten, eine Ansprache vor beiden Häusern des US–Kongresses zu halten. Reagan soll dafür später im sowjetischen Fernsehen sprechen können. Die Absicht, Gorbatschow im US–Kongreß auftreten zu lassen, stößt allerdings auf heftigen Widerstand innerhalb der republikanischen Partei. Der ultrarechte Senator Jesse Helms nannte Gorbatschow einen „Mann, dessen Regierung wissentlich jeden Vertrag gebrochen hat, den sie jemals mit den Vereinigten Staaten geschlossen hat“. Es wäre ein Fehler, ihm die Möglichkeit einzuräumen, vor dem Kongreß zu reden. Der Rundfunksender „Stimme Amerikas“ zitierte am Mittwoch einen nicht näher bezeichneten Gewährsmann mit den Worten, die Unterhändler hätten sich weder auf einen Informationsaustausch über die genaue Position der Raketen, noch über die Inspektionsverfahren beim Verdacht auf Vertragsverstöße einigen können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen