■ McCash Flow: VW nutzt Baisse
Das war nichts, Mr. Reagan! Kein Vertrauen schenkt der Finanzmarkt dem Vorhaben Washingtons, die Verschuldung des US– Haushaltes in den Griff zu bekommen, auch wenn jetzt ein Kompromiß zwischen dem Präsidenten, seinen Republikanern und den oppositionellen Demokraten erzielt wurde. Kaum jemand glaubt daran, daß der Vorschlag einfach so durchs US–Parlament marschiert, dafür sind die einen zu sehr gegen die Steuererhöhungen im Vorschlagspaket, den anderen sind die Rüstungseinsparungen nicht durchgreifend genug. Um die Ungleichgewichte im Haushalt und vor allem im Außenhandel anzugehen, erwartet vielmehr alle Welt, daß das Dumping des Dollarkurses durch Finanzminister Baker und Notenbankchef Greenspan noch brutaler wird - mit dem Zweck, die Bundesdeutschen in die Knie zu zwingen, damit die endlich mit einem Konjunkturprogramm die Weltwirtschaft in Gang bringen und gefälligst in den USA einkaufen. Für die Aktien heißt das: Dollarwerte in Gefahr,das heißt die Anteilscheine von Unternehmen, die stark vom Export in den Dollarraum abhängig sind. Bei Volkswagen kommt zum exportgefährdenden Dollardumping noch dazu, daß man offenbar meint, jetzt sei der Zeitpunkt gekommen, endlich das Werk in den USA dichtmachen zu müssen, ausgerechnet den Produktionsstandort, der nicht vom Dollarfall abhängig ist. Die Quittung: Am vergangenen Montag, als fast alle Aktien wieder die eine oder andere Mark - sehr zäh - zulegen konnten, sackten die Wolfsburger nochmal um 7,40 DM ab. Ganz offenbar hatte man sich gedacht, in diesen Finsteren Zeiten kommt es darauf auch nicht mehr an, und wenn die Aktie schon mal im Keller ist, kann sie nicht mehr tiefer fallen. Am Freitag nach Börsenschluß rückte man mit der News raus und bis Montag hatten sich die ärgsten Wogen schon geglättet: 7,40 DM Absturz waren tatsächlich nicht viel (beim Höchstkurs von 686 DM wären schnell mal 30–40 Mark fällig gewesen) und man ist das US–Problem los: Der US–Markt präferierte nämlich VW made in Germany. Die anderen Aktien nehmen inzwischen überhaupt keine Gelegenheit mehr zu einem Sprung nach oben wahr, das gilt nicht nur bei Versuchen, den US–Etat zu flicken. Auch das Sachverständigengutachten wird offenbar nur noch als Gesundbeterei angesehen. Da schenkt man lieber dem Manne aus den eigenen Reihen Glauben: Daimler–Boß Edzard Reuter, der den „katastrophalen Mangel an weltwirtschaftlicher Führungskompetenz“ bei den westlichen Ländern dafür verantwortlich machte, daß keine Dämme aufgerichtet werden, „bevor uns die Fluten überschwemmen“. Auf ein feuchtfröhliches Jahr 1988! ulk
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