: Neuwahlen in Schleswig–Holstein
■ Kompromiß der Parteien: Am 8.Mai sollen die Wähler den Karren aus dem Sumpf ziehen / Barschel–Ausschuß will im Dezember fertig sein / Derweil plaudert Herr Pfeiffer munter weiter aus dem Nähkästchen
Kiel (dpa) - In Schleswig–Holstein wird voraussichtlich am 8.Mai nächsten Jahres wieder gewählt. Nach einem Gespräch des Ältestenrats teilte Landtagspräsidentin Lianne Paulina–Mürl (SPD) am Dienstag in Kiel vor Journalisten mit, daß sich alle Fraktionen darauf geeinigt hätten, dem geschäftsführenden Ministerpräsidenten Henning Schwarz (CDU) eine entsprechende Empfehlung zu geben. Sie erwarte, daß sich Schwarz, der an der Sitzung nicht teilnehmen konnte, diese Empfehlung „in den nächsten Tagen“ öffentlich zu eigen machen werde. Die Landtagspräsidentin erinnerte daran, daß die SPD im März und die CDU im Juni neu wählen lassen wollten. Sie sehe es auch als Erfolg ihres Handelns an, daß als Kompromiß jetzt der 8. Mai gefunden worden sei. Der Ältestenrat habe auch die Termine für die nächsten Landtagssitzungen festgelegt: Danach ist geplant, vom 26. bis zum 28.Januar (in der vierten Tagung dieser Legislaturperiode) den Haushalt in erster Lesung zu behandeln und den Bericht des Untersuchungsausschusses zur Klärung der Kieler Affäre zu diskutieren. Am 16. und 17.Februar soll die fünfte Tagung stattfinden. Der Oppositionsführer im Kieler Landtag, Björn Engholm (SPD), wertete die Einigung im Ältestenrat als einen „Erfolg unserer Strategie der Vernunft“. Der 8.Mai als Termin sei für die SPD ein noch akzeptabler Termin. Er gehe davon aus, daß der amtierende Ministerpräsident sich dem Vorschlag der Fraktionen anschließen werde. „Damit wäre dann der Weg frei für die Überwindung der politischen Lähmung in Schleswig–Holstein“, sagte Engholm. Der Untersuchungsausschuß des schleswig–holsteinischen Landtags zur Klärung der Affäre Barschel/Pfeiffer wird die Beweisaufnahme voraussichtlich schon in der ersten Dezemberhälfte abschließen. Diese Erwartung äußerte der Vorsitzende des Gremiums, der SPD–Abgeordnete Klaus Klingner, am Dienstag bei einer Zwischenbilanz der Ausschuß–Arbeit in Kiel. „Das Licht am Ende des Tunnels ist deutlich zu sehen“, sagte Klingner nach über 50 Sitzungstagen. Nach den Angaben des Ausschußvorsitzenden bemüht sich das Gremium, den Hauptzeugen Reiner Pfeiffer, der sich nach einer ersten Vernehmung auf sein Aussageverweigerungsrecht berufen hatte, noch einmal zum Erscheinen vor dem Ausschuß zu bewegen. Es hätten Gespräche mit Pfeiffers Rechtsanwalt stattgefunden, sagte Klingner. Das Ergebnis stehe aber noch aus. Der frühere Medienreferent in der Kieler Regierungspressestelle hatte die Aussage mit dem Hinweis verweigert, daß gegen ihn Ermittlungen der Staatsanwaltschaft laufen. Die bisherige Beweisaufnahme hat nach Klingners Angaben zur Klärung des „äußeren Hergangs“ in den Hauptkomplexen der Affäre geführt. Die Umstände der Bespitzelung des SPD–Oppositionsführers Björn Engholm, die Vorgänge um die anonyme Anzeige wegen angeblicher Steuerhinterziehung gegen den SPD–Politiker und die Zersetzungsaktionen gegen die Unabhängige Wählergemeinschaft Schleswig–Holstein (UWSH) seien deutlich geworden. Der frühere Medienreferent in der Kieler Regierungspressestelle, Reiner Pfeiffer, hat neue Vorwürfe gegen den Chef der schleswig–holsteinischen Staatskanzlei, Hanns–Günther Hebbeln, und gegen den verstorbenen Ministerpräsidenten Uwe Barschel erhoben. Hebbeln und Barschel hätten ihm im Zuge der Zersetzungskampagne gegen die Unabhängige Wählergemeinschaft Schleswig–Holstein (UWSH) personenbezogene Daten von UWSH–Vorstandsmitgliedern verschafft, sagte Pfeiffer am Dienstag in einem Interview des Privatsenders Radio Schleswig– Holstein. Nach Angaben des Senders erklärte der frühere Medienreferent, Barschel habe ihm persönlich die Informationen über die Partei, die gegen die CDU antrat, gegeben.
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