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Verfahren gegen KWU eingestellt

■ Staatsanwaltschaft hält neue Genehmigung für radiochemisches Labor in Erlangen nicht für erforderlich / KWU im „arbeitnehmerähnlichem Verhältnis“ zu Siemens

Aus Erlangen Bernd Siegler

Die Nürnberger Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen die Kraftwerk–Union (KWU) wegen Verdachts auf unerlaubten Betrieb einer kerntechnischen Anlage mit einer abenteuerlichen Begründung eingestellt. Demnach befindet sich die KWU zu Siemens in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis und braucht daher keine eigenen atomrechtlichen Genehmigungen. Wie berichtet hatte der Erlanger Professor Dr. Theo Ebert am 12.Mai Strafanzeige gegen die KWU gestellt. Sie bezog sich auf das radiochemische Labor in Erlangen, in dem u.a. mit Plutonium gearbeitet wird. 1973 hatte die KWU das Labor von Siemens übernommen. Als neuer Betreiber hätte sie, so Ebert, eine neue atomrechtliche Genehmigung beantragen müssen. Doch dies ist bis heute unterblieben. Weitere Anzeigen u.a. gegen Bayerns Umweltminister Dick und Aufsichtsbeschwerde gegen die Ermittlungsbehörde folgten. Für seine Einstellungsbegründung wurde Staatsanwalt Kramer im Paragraphen 21 der Strahlenschutzverordnung fündig. „Einer Genehmigung bedarf nicht, wer als Arbeitnehmer oder sonst unter der Aufsicht einer Person tätig wird, die der Genehmigung bedarf“, heißt es dort. Das „oder sonst“ nimmt Kramer auch für die Firma KWU in Anspruch, denn Siemens war im Besitz einer ent sprechenden Genehmigung aus dem Jahre 1969. Aufgrund der „aktienrechtlichen Dominanz und der räumlichen Nähe“ besitze die Firma Siemens die Möglichkeit, ihr Weisungsrecht gegenüber der KWU auszuüben. Daß Siemens auch das tatsächliche Weisungsrecht ausgeübt und die Funktion des Strahlenschutzverantwortlichen übernommen hätte, entnimmt Kramer einer „fachlichen Stellungnahme“ des bayerischen Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen. Klagevertreter Rechtsanwalt Wolfgang Baumann aus Würzburg hält es für „sehr merkwürdig, daß die Staatsanwaltschaft keine eigenen Überlegungen anzustellen scheint“, sondern sich von einer Behörde beraten lasse, „gegen die in gleicher Sache ein Verfahren läuft“. Er vermutet ein „Zusammenspiel zwischen Ermittlungsbehörde und Ministerium“.

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