Sandinisten und Contra kommen ins Gespräch

■ Wischnewski vermittelte in Managua / Verhandlungen über Waffenruhe in Nicaragua sollen morgen in der Dominicanischen Republik beginnen / Contra–Chef Calero und Contra–Rundfunk nennen Bedingungen für Waffenruhe / Wischnewski hat sich aktiv eingeschaltet

Aus Managua Georg Hodel

Nach einem wochenlangen internen Streit hat die Führungsspitze des Dachverbands der Contra der Regierung in Managua einen Gegenvorschlag zum Waffenstillstandsangebot von Präsident Ortega übergeben. Kardinal Obando y Bravo, der die Gespräche zwischen Sandinisten und Contra vermitteln soll, wird sich heute mit einer Abordnung der antisandinistischen Freischärler in Santo Domingo, Hauptstadt der Dominikanischen Republik, treffen. Über den Inhalt des Gegenvorschlags der Contra– Rebellen ist bisher offiziell nichts bekanntgegeben worden. Wie schon bei früheren Gelegenheiten hatte sich der bundesdeutsche Außenpolitiker Hans– Jürgen Wischnewski am vergangenen Freitag aktiv in die Verhandlungen eingeschaltet und schließlich sowohl die nicaraguanische Regierung als auch Kardinal Obando y Bravo von der Attraktivität der karibischen Inselrepublik als Verhandlungsort überzeugen können. Eine Achter–De legation unter Führung von Ricardo Wheelock, Chef des militärischen Geheimdienstes, wird am Donnerstag morgen nach Santo Domingo aufbrechen, um vor Ort einen Waffenstillstand mit der Contra–Führung auszuhandeln. Nach den Vorstellungen der Sandinisten soll die Waffenruhe bereits am Samstag in Kraft treten. In einem von der oppositionellen Tageszeitung La Prensa am Montag abend verbreiteten Interview erklärte Adolfo Calero, Chef der FDN, der bei weitem stärksten Contra–Organisation, daß der „nicaraguanische Widerstand“ auf einen politischen Dialog mit der nicaraguanischen Regierung bestehe und erst dann bereit sei, die Waffen niederzulegen, wenn das sandinistische Heer ebenfalls aufgelöst werde. Calero führte weiter aus, daß gleichzeitig mit dem Einsetzen der Waffenruhe der Ausnahmezustand aufgehoben und eine Totalamnestie verfügt werden müsse. Diese Forderungen wurden in der Nacht zum Dienstag auch vom Contra–Sender Radio Liberacion ausgestrahlt. In der Sendung wurde eine Feuerpause vom 8.Dezember bis 17.Januar vorgeschlagen, während der die Sandinisten die Forderungen umsetzen und eine „unwiderrufliche Demokratisierung“ vollziehen sollten. Die Contra ihrerseits werde - bewaffnet - in ihren Stellungen verharren. Das am 13.November vom nicaraguanischen Präsidenten Daniel Ortega in Washington vorgestellte Waffenstillstandsangebot macht die Aufhebung des Ausnahmezustandes und die Verfügung einer Amnestie von der Bestätigung durch die Internationale Verifizierungskommission (CVIS) abhängig, daß die Contra– Basen in den Nachbarstaaten gemäß dem Abkommen von Guatemala geräumt worden sind und daß die US–Regierung ihre militärische Unterstützung an die antisandinistischen Freischärler einstellt. Einen politischen Dialog mit der Contra–Führung hat die sandinistische Regierung bisher stets mit dem Hinweis auf das Amnestiegesetz abgelehnt, das den demobilisierten Contras erlaube, an dem bereits laufenden nationalen Dialog teilzunehmen.