Menschenrechtsverletzungen in Rumänien

■ In seinem neuesten Bericht über Rumänien weist amnesty international auf die Folterpraxis in Ceausescus Staat hin / Homosexualität wird weiterhin verfolgt und schwer bestraft / Kastrationen und Zwangspsychiatrisierung / Mit allen Mitteln gegen Abtreibungen

Von S. Ladanyi / A. Salmen

Berlin (taz) - Der Aufstand in Kronstadt (Brasov) vor zwei Wochen war nicht die erste Revolte in Rumänien. Schon 1976 hat es in der Fabrik „Steagul Rosu - Rote Fahne“ gebrannt, deren Belegschaft auch bei den jüngsten Auseinandersetzungen eine große Rolle spielte. Einen Bergarbeiterstreik im Jiu–Tal 1977 beendete ein großes Militäraufgebot, Streikende wurden verbannt und verschleppt. Im Februar 1979 gab eine Gruppe von Intellektuellen und Arbeitern ein Manifest für eine „Freie Gewerkschaft der rumänischen Arbeiter“ (SLOMR) heraus, das großen Anklang in den Betrieben und bei der schon vorher existierenden und im Untergrund operierenden „Union von Arbeitern, Bauern und Soldaten“ im Kreis Mures mit ihren rund 1.000 Mitgliedern fand. Kurz darauf wurden die Initiatoren verhaftet, zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt und überwacht. Seitdem versuchten die Sicherheitsbehörden jegliches Aufbegehren im Keim zu ersticken. Es gibt sogar Verschwundene, deren Fälle nicht alle dem Roten Kreuz oder amnesty international bekannt geworden sind. Blutige Gefangenenmißhandlungen sind an der Tagesordnung. Der politische Gefangene Emil Mocanu ist nach dem Bericht von ai 1984 an den Handgelenken aufgehängt und mit Eisenstangen auf die Fußsohlen geschlagen worden. Ein ehemaliger Häftling, der nach seinem Prozeß im Juli 1982 im Gefängnis in der Calea Rahovei in Bukarest einsaß, schreibt in seinen Aufzeichnungen, daß Gefangene bis zu 15 Tagen in Isolierhaft zubringen mußten. Mit Handschellen und Hufeisen wurden sie an einen Ring gefesselt, der so befestigt war, daß sich die Gefange nen nur in der Hocke halten konnten. Der Tiefbauingenieur Gheorghe–Emil Ursu aus Bukarest wurde im September 1985 verhaftet, weil er sich kritisch über die Politik von Ceausescu geäußert haben soll. Bei der Durchsuchung seines Büros wurden eine große Menge Tagebücher gefunden, die einen Zeitraum von 40 Jahren umfassen. Die Ermittlungsbehörden haben nun versucht, Ursu dazu zu zwingen, über alle Personen, die in den Tagebüchern erwähnt sind, auszusagen und sie als Staatsfeinde zu denunzieren. Am 19.November 1985 teilte man Frau Ursu mit, daß ihr Mann an Herzversagen gestorben sei. Kurz danach fand die Einäscherung statt. Immerhin konnte die Frau noch einen Blick auf den Leich nam werfen und gab danach an, ihr Mann wäre an der Schläfe verwundet gewesen. Ein Schreiben von „ai“ mit der Bitte an die Staatsführung, eine genaue Untersuchung zu gewährleisten, blieb bisher unbeantwortet. Fluchtversuche häufen sich. Im Sommer 1987 fanden in Timisoara täglich zehn Prozesse wegen Fluchtversuchs statt. Am 29.5.87 wurde Gheorghe Lionte von einem berittenen Soldaten an der ungarischen Grenze ermordet. Kurz vor der jugoslawischen Grenze wurde die 17jährige Anita Hofmann von einer Hundestaffel verfolgt und schwer verletzt. Doch immer noch gibt es Menschen, die, wenn auch individuell, Widerstand leisten. Im Sommer 1983 klebte der Bukarester Ion Bugan ein Bild Ceausescus an sein Auto, auf dem „wir wollen dich nicht, du Henker“ geschrieben stand. Seine Strafe: 10 Jahre im Gefängnis von Aiud. Hatz auf Schwule Seit Juli dieses Jahres wurden in der rumänischen Provinzstadt Arad 53 Männer wegen homosexueller Betätigung festgenommen. Nach Berichten der „Homosexuelleninitiative Wien (HOSI)“ habe man zuerst acht Männer verhaftet und dann durch Folterungen die Namen der anderen Schwulen erpreßt. Bei diesen Verhören sind mindestens drei Gefangene getötet worden. Nach wie vor ist Homosexualität in Rumänien - wie auch in der UdSSR, Teilen Jugoslawiens, Zypern und in Irland - völlig illegal. Das rumänische Strafgesetzbuch sieht für homosexuelle Betätigung eine Gefängnisstrafe von einem bis fünf Jahren vor. Unberührt von Diskussionen in anderen Ländern hat sich die Gangart des Staates gegenüber den Schwulen eher noch verschärft. Die Schwulenfeindlichkeit des Regimes fügt sich in eine Bevölkerungspolitik, die Abtreibungen mit allen Mitteln zu unterbinden sucht. Dagegen kam es seit den 70er Jahren immer wieder zu Kastrationen und Zwangspsychiatrisierungen von Homosexuellen.