piwik no script img

Schweiz lehnt Beitritt zur Europäischen Sozialcharta ab

Bern (taz) - Dem Klischee vom schweizerischen Igelkomplex ist der eidgenössische Nationalrat am Mittwoch in Bern voll gerecht geworden: Mit 104 zu 82 lehnte er nach jahrelangem Hin und Her endgültig den Beitritt der Schweiz zur Europäischen Sozialcharta ab. Die bereits 1961 in Straßburg ausgehandelte Sozialcharta des 21 Staaten umfassenden Europarates wird als Ergänzung der Europäischen Menschenrechtskonvention verstanden. Sie garantiert 19 Rechte (gerechte Arbeitsbedingungen, Fürsorgerecht, Minimum 2 Wochen Ferien, Streikrecht usw.) und strebt diesbezüglich eine Angleichung der Verhältnisse in den Vertragsstaaten an. Während die Befürworter im Schweizer Parlament in der Vorlage ein Bekenntnis zu Europa sahen, spiegelte sich in den Voten der Charta–Gegner die landestypische Angst vor fremden Vögten wieder. Dies, obwohl die Charta kein direkt durchsetzbares internationales Recht, bzw. keine Kontrollinstanzen schafft. Man könne keine europäische Aufsicht über das Land dulden, hieß es. Vor allem das in der Charta enthaltene allgemeine Streikrecht rief den regen Widerspruch der „sich bedroht fühlenden Krämerseelen“ (eine Parlamentarierin über ihre Kollegen) hervor. Thomas Scheuer FORTSETZUNG VON SEITE 1

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen