BKB durfte Grenzwerte überschreiten

■ Diskussion im Niedersächsischen Landtag: Unterschiedliche Rechtsauffassungen zwischen Betreiber und Landesregierung / Grenzwertüberschreitungen in der Probephase durch Betriebsgenehmigung abgesichert

Aus Hannover Jürgen Voges

Den Knopfdruck, mit dem er am 25. Juni die Entschwefelung von Buschhaus für die Öffentlichkeit in Betrieb genommen hatte, mußte Ministerpräsident Ernst Albrecht vor dem Niedersächsischen Landtag gestern interpretieren. „Gelegentlich“, so sagte der Ministerpräsident, „drücke man auch auf Knöpfe symbolischer Art“. Bei der Einweihungsfeier im Juni sei dies geschehen, „um sich bei denen zu bedanken, die bei der Errichtung der Entschwefelungsanlage gearbeitet hätten“. Nicht mehr die Inbetriebnahme, sondern nur die „Fertigstellung“ der Entschwefelungsanlage will Albrecht nun im Juni gefeiert haben. Der Ministerpräsident bestritt, daß es mit dem Betreiber von Buschhaus, der BKB, „Zusatzvereinbarungen“ gebe, die auch nach Inbetriebnahme der Entschwefelung eine Überschreitung des 400–mg–SO2–Grenzwertes erlauben. In der Betriebsgenehmigung, so sagte Albrecht, werde allerdings deutlich zwischen Errichtung, Erprobung, Probebetrieb und Inbetriebnahme der Anlage unterschieden. Das Umweltministerium erklärte dazu später ergänzend, daß in der Erprobungsphase der BKB Grenzwertüberschreitungen schon durch die Betriebsgenehmigung gestattet worden sind. Auch Umweltminister Remmers bestritt, der BKB irgendwelche Ausnahmegenehmigungen erteilt zu haben. Er sprach von unterschiedlichen Rechtsauffassungen zwischen Betreiber und Landesregierung. Die BKB sei heute noch der Auffassung, daß sich die Entschwefelungsanlage noch in der Erprobungsphase befinde und sich die bisherigen SO–2– Emissionen noch nicht auf den vertraglich vereinbarten Jahresgrenzwert von 35.000 Tonnen anrechnen ließen. Während Remmers darauf beharrte, daß dieser 35.000–Tonnen–Grenzwert schon ab 1.Juli dieses Jahre gelte, erklärte Ernst Albrecht lediglich, er gehe davon aus, daß „diese Grenze zumindest ab jetzt voll eingehalten wird.“ Nach Auskunft des Umweltministeriums hat die Gesamtemission der BKB–Kraftwerke schon im Zeitraum Juli bis Ende November 26.000 Tonnen überschritten. Umweltminister Remmers bestätigte, daß die Bezirksregierung Braunschweig sein Ministerium bereits am 1.September über Probleme mit der Entschwefelungsanlage informiert hat. Dieses und ein weiteres Schreiben vom 23.9, in dem von Laugenproblemen, Korrosionsschäden und Rissen an Graphitrohren die Rede war, seien aber nicht an ihn weitergeleitet worden.