: Gipfel ohne Durchbruch
■ Bei den strategischen Atomwaffen bringt der Washingtoner Gipfel keine Annäherung / Gemeinsame Atomwaffentests
Washington (ap/afp/dpa) - Zum großen Durchbruch bei den strategischen Atomwaffen kam es auch am dritten Tag des Washingtoner Gipfels nicht. Die persönlichen Beziehungen zwischen US–Präsident Reagan und Generalsekretär Gorbatschow, so munkelt man für die Presse sollen immer besser werden. Doch in der START–Frage zahlt sich das offenbar nicht aus. Der sowjetische General Tscherwow erklärte als Mitglied der Verhandlungsdelegation am Donnerstag, die Sowjetunion gehe davon aus, daß bis zum Mai nächsten Jahres ein Vertragsentwurf über eine 50–prozentige Reduzierung der strategischen Waffen vorliegen könne - rechtzeitig für einen Besuch Reagans in Moskau. Nach einem „Tag der Schwerarbeit“ waren sich die beiden Verhandlungsdelegationen am Mittwoch nach Aussagen der beiden Sprecher in mehreren „Durchbrüchen“ nähergekommen. Den Außenministern Shultz und Schewardnadse gelang es in der Nacht zum Donnerstag, ein Atomwaffentest–Abkommen zu schließen. Danach darf zukünftig die jeweils andere Seite Testexplosionen vor Ort messen. Die Minister kündigten zugleich ein gemeinsames Experiment zu einem unterirdischen Atomtest an. Zuvor hatten die beiden Außenminister eine Ergänzung zum Luftverkehrsvertrag unterzeichnet, das Direktflügen zwischen Moskau und New York vorsieht. Am letzten Tag ihres Treffens konzentrierten sich Reagan und Gorbatschow gestern auf mögliche Lösungen für einen Rückzug der Sowjets aus Afghanistan und gemeinsame Initiativen zur Beendigung des Golfkriegs. Nach Aussagen eines amerikanischen Sprechers, zeigte sich Gorbatschow in der Afghanistanfrage „doktrinär“ und wenig flexibel. Fortsetzung auf Seite 2 Er habe sich nicht auf einen Termin für den völligen Abzug der sowjetischen Truppen einlassen wollen, aber einen Zeitraum von 12 Monaten angeboten. Ungebrochen bleiben auch die Meinungsunterschiede zwischen beiden Parteien in Bezug auf Maßnahmen zur Beendigung des Golfkriegs. Nach Angaben des sowjetischen Sprechers Gerassimow konnte man sich nicht auf ein Embargo gegen Iran verständigen, um einen Waffenstillstand zu erzwingen. In seinen Gesprächen mit Reagan hat Parteichef Gorbatschow die vor allem in der amerikanischen Öffentlichkeit breit diskutierte Frage der Menschenrechte in der Sowjetunion mehrfach zurückgewiesen. Auf den wiederholten Vorwurf von Men schenrechtsverletzungen habe er Reagan lediglich erklärt: „Herr Präsident, Sie sind nicht Ankläger, und ich bin nicht Angeklagter.“ Umso gesprächiger erwies sich die sowjetische Delegation bei Fragen der Ausweitung des amerikanisch–sowjetischen Handels. Am Rande der Gipfelgespräche fanden zahlreiche Treffen zwischen Sowjets und Vertretern der US–Industrie statt.
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