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K O M M E N T A R Die große Läuterung

■ Barschel–Untersuchungsausschuß am Ende

Der „erfolgreichste Untersuchungsausschuß der Bundesrepublik“ steht vor dem Ende seiner Arbeit. Glaubt man den begleitenden Kommentaren, hat er durch seine inquisitorischen Befragungen die Demokratie in Schleswig–Holstein wiederhergestellt, den „demokratischen Selbstreinigungsprozeß“ vollzogen. Die Gülle ist entsorgt, das Leben geht weiter. Wer so argumentiert und sich über den „Neuanfang“ in Kiel freut, vergißt, daß hinter der Barschel–Pfeiffer–Affäre nicht nur zwei Namen, sondern ein korruptes Ganzes steht. Die Affäre enthüllte nicht nur die perfiden Machenschaften eines Ministerpräsidenten. Sie deckte das Gangstertum eines machtgeilen CDU–Apparates und seines Umfeldes auf. Stoltenberg, die Schwarzkopf–Clique und alle anderen großen und kleinen Helfer Barschels sind heute weder geläutert noch haben sie sich während des Verfahrens selbst gereinigt. Es ist ein Stück Wahrheit ans Licht gekommen, das ahnen läßt, wie in deutschen Provinzen regiert und mit welchen Mitteln Wahlkampf getrieben wird. Das Erschrecken darüber ist offenbar so groß, das ans Tageslicht Beförderte so haarsträubend, daß schon in dem simplen Tatbestand der Aufklärung des Skandals Trost gesucht und gefunden wird. Die moralische Krise des Kieler Sumpfes soll durch die Arbeit des Ausschusses wiedergutgemacht werden. Die „Lösung“ hat der Fall Barschel mit dem jetzt bekannt gewordenen Medikamentenmißbrauch des Ex–MP gefunden: Er macht Barschel zu einem zu Lebzeiten angeblich unberechenbaren Kranken, der ohnehin nicht mehr wußte, was er tat. Die CDU kann aufatmen. Manfred Kriener

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