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Transnuklear–Skandal weitet sich aus

■ Neben umfangreichen, jahrelangen Bestechungen gibt die Firma jetzt auch „Unkorrektheiten“ bei der Entsorgung von atomarem Abfall zu / Selbstmord eines ehemaligen Prokuristen

Hanau (ap/taz)) - Der Skandal um das Atom–Transportunternehmen Transnuklear zieht immer weitere Kreise. Während bislang beteuert worden war, daß der sicherheitsrelevante Bereich von der Bestechungs– und Schmiergeldaffäre nicht betroffen sei, räumte das Unternehmen am Mittwoch „Unkorrektheiten“ bei der Entsorgung deutscher Atomkraftwerke ein. Diese seien in den letzten Monaten in Zusammenarbeit mit belgischen Behörden festgestellt worden, hieß es in einer Erklärung. Darin machte Transnuklear für die Vorkommnisse einige jener Mitarbeiter verantwortlich, die kürzlich wegen Beteiligung an finanziellen Unregelmäßigkeiten entlassen worden waren. Den jüngsten Ermittlungen zufolge seien radioaktive Abfälle einiger Atomkraftwerke in der Bundesrepublik zwar zur Behandlung nach Belgien transportiert worden, heißt es in der Mitteilung von Transnuklear, doch hätten die deutschen Kraftwerke nicht ihre eigenen, sondern belgische Abfälle zur Zwischenlagerung zurückerhalten. Nach jetzigem Wis sensstand handelt es sich dabei um etwa 350 Fässer, die jetzt wieder bei den Atomkraftwerken in der Bundesrepublik stünden. Ihr genauer Inhalt werde zur Zeit überprüft, hieß es weiter. Transnuklear wolle nun mit den belgischen Behörden verhandeln, um die falsch deklarierten Abfälle wieder auszutauschen. Am Freitag hatte die zuständige Staatsanwaltschaft in Hanau erstmals die Festnahme von drei Beschuldigten der Bestechungsaffäre gemeldet. Während einer von ihnen wieder auf freien Fuß gesetzt wurde, blieben die anderen beiden in Untersuchungshaft. Einer von ihnen, der ehemalige Prokurist Hans H., schnitt sich nach Angaben der Er mittlungsbehörde am Dienstag in seiner Einzelzelle die Pulsadern auf und verblutete. Bei der Schmiergeldaffäre der Firma Transnuklear sind in den vergangenen Jahren rund 21 Millionen Mark an Bestechungsgeldern in die Atomwirtschaft geflossen. Von der Querflöte bis zum Auto (dazu gebündeltes Bares) reichte die Palette. Bis zu 100 „Betroffene“ werden vermutet. Staatsanwalt Farwick sieht gegenwärtig ein „brisantes Stadium“ der Ermittlungen. Für die Hanauer Bürgerinitiativen wiesen Elmar Diez und Eduard Bernhard auf Paragraph 4 des Atomgesetzes hin, der eine besondere Zuverlässigkeit von Beförderern von Atombrennstoffen verlange. Obwohl Transnuklear gegen diesen Paragraphen unübersehbar und jahrelang verstoßen habe, dürfte die Firma weiterhin „die gefährlichsten Stoffe dieses Planeten“ transportieren.

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