Old Schwurhand antwortet nicht

■ Innenminister Zimmermann wurde vor der Bonner Presse ruppig / Welche Fragen von wem er beantworte, „daß werden Sie schon mir überlassen“ / Weitere Gesetzesverschärfungen in einem Jahr?

Aus Bonn Oliver Tolmein

Schwer unzufrieden war Bundesinnenminister Zimmermann auf der gestrigen Bundespressekonferenz mit seinen Gastgebern. Statt freudig erregt und mit dankbarem Herzen die frohe Botschaft des Ministerduos Zimmermann/ Engelhard über die Beschlüsse des Kabinetts zur Wiederherstellung von Ruhe, Ordnung und öffentlichem Frieden zu Protokoll zu nehmen tönte Gemurre, Gelächter, und gar unbotmäßige Fragen wurden gestellt. „Wünschen Sie sich, daß ein aussagewilliger Mörder mit einer zur Bewährung ausgesetzten Strafe auf freiem Fuß leben kann“, wollte der Korrespondent der Neuen Presse zur Kronzeugenregelung wissen, nachdem der Minister auf zwei ähnlich lautende Fragen nur mit Allgemeinplätzen geantwortet hatte. Zimmermann : „Sie wollen mich bewußt mißverstehen. Aus diesem Grund kein weiterer Kommentar.“ Als der taz– Korrespondent dann noch, bezogen auf den Paragraphen 130b (Befürwortung von Gewalt), den Unterschied zwischen erlaubter staatlicher Gewalt und verbotener erfragte, war der Minister unüberhörbar verärgert. Das vom Stenografischen Dienst der Bundesregierung erstellte Protokoll gibt die Antwort des, nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes schon mal wegen „Schilddrüsenüberfunktion“ mit „verminderter geistiger Leistungsfähigkeit“ gestraften Ministers wieder: „Innenminister Zimmermann: Wir sind hier nicht im juristischen Seminar! Martenson (Moderator der Pressekonferenz): Aber wir sind hier auf einer Pressekonferenz, Herr Minister. Zimmermann: Das werden Sie schon mir überlassen, welche Frage ich welchem Herrn, der hier fragt, beantworte.“ Herr Strauß sucht sich seine Lojewskis, Fellers und Appels auch selbst aus. Und wie könnte es angehen, daß der Innenminister, dessen Pressesprecher grundsätzlich zu jeder Tageszeit Essen sind, wenn taz–Redakteure nach ihnen verlangen, persönlich „Chaoten“ Rede und Antwort steht? Künftig werden taz–Redakteure eben als FAZ–Korrespondenten vermummt hinterlistige Fragen stellen, und dann hilft dem Minister nur noch eins: ein Paragraph 130c „Verbot der Unterstützung falscher Fragen und des Werbens dafür“. Dessen hätten sich dann nämlich die Kollegen schuldig gemacht, die sich nach dem Vorfall empörten: Es müsse klargestellt werden, daß auch Herr Zimmermann Gast der Bundespressekonferenz sei und die Fragen zu beantworten habe, die gestellt werden, egal, von wem sie kommen. Die gestern im Kabinett beschlossene Gesetzesverschärfung soll nach dessen Willen noch vor der Sommerpause verabschiedet werden. Sie wird nicht die letzte sein. Allerdings stellte Zimmermann konkrete weitere Verschärfungswünsche vorerst zurück: „Zuersteinmal wollen wir die Gesetze, die zu verabschieden sind, wirken lassen und dann nach einem angemessenen Zeitraum oder angesichts eventueller neuer Entwicklungen weitersehen.“ Für „angemessen“ hält der Minister den zeitraum von einem Jahr: „Wenn nicht vorher etwas unvorhersehbares passiert“.