Makaber

■ BVG–Urteil zur C–Waffenlagerung

Es war nicht zu erwarten, daß sich das Bundesverfassungsgericht bereitfinden würde, dem Versuch stattzugeben, bei der Frage von Waffen–Stationierungen gefällte politische Entscheidungen verfassungsrechtlich nachzukarten. Das BVG ist eine konservative Instanz, von der ohnehin keinerlei Bereitschaft besteht, einen Verfassungskonflikt mit einer konservativen Exekutive zu riskieren. Bei der Frage der Lagerung von C– Waffen argumentierte die Mehrheit der Richter, daß zwar die öffentliche Gewalt allgemein verpflichtet ist, die körperliche Unversehrtheit zu wahren. Aber die Beschwerdeführer hätten die Pflicht gehabt, nachzuweisen, daß die Gefahr „prinzipiell nicht beherrschbar“ sei. Ihnen sei zuzumuten, „konkrete Vorfälle“ zu benennen. Wer auch nur ein wenig über die gelagerten Nervengifte informiert ist, dem wird es die Sprache verschlagen: Im Zweifelsfalle müssen Todesfälle vorgewiesen werden. Ähnlich blind gegenüber den Gegenwartsfragen postulierte das Gericht, daß der formell gewährleistete Sicherheitsstandard auch prinzipiell Sicherheit für die körperliche Unversehrtheit garantiere und sich somit die verfassungsrechtliche Pflicht der Bundesregierung nach einer Katastrophenschutzplanung erübrige. Der Zynismus dieser Argumentation liegt darin, daß die Notwendigkeit einer solchen Planung bei Geheimhaltung nur schwer beweisbar ist. Da also die Umstände der Lagerung dieser Waffen geheim ist, müsse man davon ausgehen, daß die Sicherheitsstandards ausreichten. Darf ein Verfassungsgericht so naiv oder so zynisch sein, Sicherheitsstandards als Sicherheitsgarantien auszugeben, nach Seveso, Tschernobyl und Sandoz? Machen sich die Richter nicht selbst lächerlich, wenn sie Beschwerdeführer mit Phrasen abspeisen, an die heutzutage nicht einmal mehr Politiker glauben? Klaus Hartung