Forderung nach Vergesellschaftung

■ EX–IGM–Vorstandsmitglied Hans Janßen stellt Initiative zur Vergesellschaftung der Stahlindustrie vor / Landesregierung von Nordrhein–Westfalen soll durch ein Volksbegehren dazu gezwungen werden

Aus Duisburg Walter Jakobs

Eine neue Initiative zur Vergesellschaftung der Stahlindustrie hat Hans Janßen, bis 1985 im Bundesvorstand der IG–Metall, am Donnerstag abend in Rheinhausen vorgestellt. Das Konzept, das Janßen im Namen der Hamburger Initiative „Solidarität gegen Arbeitslosigkeit - Für Vollbeschäftigung“ erläuterte, sieht vor, mit Hilfe eines Volksbegehrens zunächst die nordrheinwestfälische Stahlindustrie „als Vorstufe der Bildung einer Nationalen Stahlholding“ zu vergesellschaften. Erstmalig soll mit dieser Initiative die Vergesellschaftungsforderung, die Bestandteil des stahlpolitischen Programms der IGM ist, auf der praktischen Ebene angegangen wer den. Nachdem der IGM–Vorsitzende Franz Steinkühler in Rheinhausen die Forderung erneuert habe, „werde es höchste Zeit“, so schreiben Janßen und der Hamburger Professor Harald Mattfeld in der Begründung, „einen entsprechenden IG–Metall–Gesetzesentwurf zur Vergesellschaftung ...vorzulegen“. Um den Forderungen der IGM „entsprechenden Nachdruck zu verleihen, wird vorgeschlagen, daß ab sofort in NRW von der IG Metall und den anderen DGB–Gewerkschaften, den Betriebsräten, Vertrauensleuten und den Belegschaften aller Stahlstandorte sowie den Bürgerkomitees ...die Vorbereitungen für ein Volksbegehren nach Art.68 der Verfassung von NRW ...in Angriff genommen werden“, heißt es weiter in der Begründung. Einen ersten Gesetzesentwurf brachte Janßen gleich mit. In §1 dieses Entwurfes wird die Vergesellschaftung der Stahlunternehmen „zum Zwecke der Erhaltung aller Stahlstandorte und zur Sicherung der Arbeitsplätze in den Stahlregionen ... nach Art.27 Abs.1 NRW–Verfassung sowie nach Art.15 des Grundgesetzes“ verlangt. Gleichzeitig wird im §5 die Einrichtung von Beschäftigungsgesellschaften an allen Stahlstandorten gefordert, die Stahlarbeiter aus jenen Betrieben übernehmen sollen, in denen eine Verminderung der Belegschaften „nicht zu vermeiden ist“. Von der Vergesellschaftung erhoffen sich die Metaller ein „Ende der chaotischen Zustände im Stahlbereich“. Volksbegehren sind zwar auch in anderen Bundesländern möglich, aber der Kampf um Rheinhausen und die politischen Mehrheitsverhältnisse in Düsseldorf sprachen für die Initiatoren offenbar dafür, in NRW zu beginnen. Das macht schon deshalb Sinn, weil Über die Zulassung des Volksbegehrens die Landesregierung entscheidet. Entstünde tatsächlich eine breite Bewegung zur Durchsetzung des Volksbegehrens, könnte Ministerpräsident Rau nicht so leicht nein sagen, wie bei dem Grünen Volksbegehren zur Abschaltung der Atomanlagen. Auch juristisch sind die Karten in diesem Fall besser. Gegen eine Ablehnung kann vor dem Verfassungsgerichtshof in Münster geklagt werden. Erfolgreich ist ein Volksbegehren, wenn es von 20 Bürger im Lande unterzeichnet wird. Das entspricht etwa 2,5 Mio. Unterschriften. Danach kommt der Landtag zum Zuge. Verwirft die Mehrheit den Gesetzentwurf, kommt es drei Monate später zum Volksentscheid. Die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen würde nun ausreichen, um den Text zum Gesetz zu erheben.