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„Boykottiert unsere Lebensmittel!“

■ Die „Bewegung für ein freies Rumänien“ verteilt Boykott–Flugblätter an Touristen aus Ost und West / „Reformen wie in Ungarn und Glasnost wie in der Sowjetunion“ - eine Forderung aus der Illegalität

Belgrad (taz) - „Bitte kaufen Sie keine Lebensmittel mit dem Markenzeichen Made in Romania“, heißt es in einem Appell einer illegalen rumänischen Bürgerinitiative, der gestern der taz übergeben wurde. „Bedenken Sie, in unserem Land leiden die Menschen an Unterernährung, da alle lebenswichtigen Grundnahrungsmittel exportiert werden. Jedem Bürger stehen täglich nur 300 Gramm Brot zu, auf den Monat verteilt gar nur ein Kilogramm Fleisch, 50 Gramm Butter und acht Eier. Unterstützen Sie unseren Appell gegen die Ceausescu–Tyrannei. Helfen Sie mit, das Regime überall, in Ost und West, zu isolieren.“ Unterzeichnet ist der Aufruf von der „Bewegung für ein freies Rumänien“. Wer hinter dem Namen eine rechtsgerichtete Emigrantenorganisation vermutet, irrt. „Wir wünschen uns Reformen wie in Ungarn und Glasnost wie in der Sowjetunion, mehr nicht“, erklär ten zwei in die Illegalität untergetauchte Mitglieder der Bewegung gegenüber der taz. „Wir wünschen Gorbatschow Erfolg bei seinen Reformen, denn das bedeutet das politische Ende für Ceaucescu, doch wir hoffen auch, daß durch gewaltfreien Widerstand der gesamte Ceausescu–Clan entmachtet werden wird.“ Zu diesem Zweck verteilt die Gruppe seit den Kronstadt–Ereignissen verstärkt Flugblätter, die auch an Touristen verteilt werden, die aus den sozialistischen Bruderstaaten mit dem Zug nach Rumänien einreisen. Darin heißt es: „Sie können uns helfen, übermitteln Sie doch Ihren Verwandten und Freunden, täglich um 22 Uhr das Licht für drei Minuten auszuschalten, unterstützen Sie unseren Bürgerprotest, Ihre Bewegung für ein freies Rumänien“. Solch ein Flugblatt übergaben Vertreter der Gruppe kürzlich auch sowjetischen Diplomaten - und wurden freundlich empfangen. Während Ceausescu sie steckbrieflich sucht, hatten die Sowjets Verständnis für ihre Unzufriedenheit. „Man sagte uns, die innenpolitische Situation in Rumänien gebe zur Sorge Anlaß“, doch man würde nicht intervenieren und hoffe, die Rumänen fänden selbst einen Ausweg aus der Krise, erklären die Aktivisten. Zu dem Genscher–Besuch meinen sie, er habe der Bevölkerung nichts gebracht, und Auswanderung könne nicht als politische Alternative gewählt werden. Roland Hofwiler

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