: „Friedensrichter“ weggelobt
■ Justizbehörden reagieren mit Strafversetzung auf unbequeme Frankfurter Strafkammer Freispruch für Kriegsdienstverweigerer im Kreuzfeuer der Kritik auch von höchster Stelle
Frankfurt (taz) - Mit der Zerschlagung einer politisch unbequemen Strafkammer am Frankfurter Landgericht hat das hessische Justizministerium - über den Landgerichtspräsidenten Karl Stefan - auf einen Freispruch reagiert, der bundesweit für Aufsehen gesorgt hatte. Der beisitzende Richer Clemes Becker, der jetzt „strafversetzt“ wurde, und seine beiden Kollegen hatten Mitte Dezember einen 39jährigen Arzt und Kriegsdienstverweigerer vom Vorwurf der Volksverhetzung und der Beleidigung freigesprochen, der „alle Soldaten“ als „potentielle Mörder“ bezeichnet hatte. Bundespräsident von Weizäcker hatte diesen Freispruch seinerzeit als „unverständlich und unbegreiflich“ bezeichnet, Manfred Wörner (Bundesministerium für Verteidigung) und Außenminister Genscher übten heftige Kritik an diesem Urteil. Franke von der Deutschen Polizeigewerkschaft rief in einer Presseerklärung dazu auf, „durch massenhafte Proteste dieses rechtsbeugende Urteil vom Tisch zu fegen. Es sei ein Wahnsinn, daß nach diesem Urteil Soldaten schutzlos als Mörder bezeichnet werden dürfen. Die Versetzung von Richter Becker, der ausdrücklich erklärt hatte, nicht versetzt werden zu wollen, wurde vom zuständigen Landgerichtspräsidenten als eine „schon lange geplante personelle Veränderung“ bezeichnet und nicht als Strafversetzung. Becker sei ein „sehr erfahrener Strafrichter“, der zum 1. Januar den stellvertretenden Vorsitz einer anderen Strafkammer übernehmen soll. Bislang war er in seiner alten Kammer nur Beisitzer gewesen. kpk
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