: Verwirrspiel um das Asylrecht
Widersprüchliche Aussagen von Bundesinnenminister Zimmermann und Unionsvertretern sind nur Definitionsmißverständnisse / Abschiebeschutz soll aufgeweicht werden ■ Von Vera Gaserow
Berlin (taz) – Für einige Verwirrung sorgen seit Anfang der Woche scheinbar widersprüchliche Aussagen von Bundesinnenminister Zimmermann und verschiedenen Unionspolitiker über eine bevorstehende weitere Verschärfung des Asylrechts.
Während Zimmermann gegenüber Springers Welt von einer geplanten Asylrechtsänderung sprach, dementierten der CDU- Politiker Gerster und sein CSU- Kollege Fellner jedwede Pläne zu einer Verschärfung des Asylrechts.
Doch diese scheinbaren Widersprüche in der Union beruhen allein auf verbalen Ungenauigkeiten. Von der Sache her meinen alle drei Politiker dasselbe. Geplant nämlich ist keine große Veränderung des Asylrechts, dafür aber eine Veränderung des Paragraphen 14 des Ausländergesetzes, der in erster Linie Asylbewerber betrifft.
Am 8.Dezember 87 nämlich hat das Bundeskabinett den Bundesinnenminister beauftragt, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der – neben einigen marginalen Bestimmungen des Asylverfahrensgesetzes – den Paragraph 14 des Ausländergesetzes neu regeln soll.
Dieser Paragraph gab bisher Ausländern – und dabei vor allem abgelehnten Asylbewerbern – einen Schutz vor Abschiebung in ihr Heimatland. Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist, heißt es in diesem Paragraphen, der in den letzten Jahren immer mehr zu einem letzten Rettungsanker für abgelehnte Flüchtlinge etwa aus dem Iran, Sri Lanka oder dem Libanon geworden ist. Sie erhielten auf der Grundlage dieses Gesetzes eine vorläufige Duldung.
Dieser Paragraph des Ausländergesetzes bot jedoch auch denen Schutz, die aus persönlichen Gründen keinen Asylantrag stellen wollten – etwa weil sie Repressionen gegen ihre Familie im Heimatland befürchteten – oder deren Asylanträge von vorn herein keinen Erfolg gehabt hätten, weil sie vom zuständigen Bundesamt aus rein formalen Gründen als „unbeachtlich“ eingestuft worden wären.
Auf Grundlage der Vorschläge einer Bund/Länderkommission zum Ausländer- und Asylrecht soll jetzt das Innenministerium einen konkreten Gesetzentwurf vorlegen, der vor allem die beiden letztgenannten Personengruppen einer strengeren Regelung unterzieht. Nach den Plänen der Bund/ Länderkommission sollte überprüft werden, ob diese Gruppen nicht dazu gezwungen werden können, doch einen Asylantrag zu stellen, obwohl dieser wenig Aussicht auf Erfolg hat.
Außerdem sollten Ausländer, die sich auf einen Abschiebeschutz nach Paragraph 14 des Ausländersetzes berufen, denselben Lebensbedingungen wie Asylbewerber unterworfen werden, d.h. zu einem Leben im Sammellager mit gekürzter Sozialhilfe verpflichtet werden und einem fünfjährigen Arbeitsverbot unterliegen.
In der Diskussion ist auch, daß zukünftig allein das Asyl-Bundesamt darüber entscheiden soll, ob politische Gründe einer Abschiebung entgegenstehen.
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