Zögernder Blick über den Deichrand

■ Der Landeshauptausschuß der Grünen Schleswig–Holsteins tagte / Hilferuf an Bundespartei / Die Kandidatenfrage bleibt offen / „Wir haben keine Lust für Otto und Thea Wahlkampf zu machen“

Berlin (taz) - Am Samstag sollte der Landeshauptausschuß der Grünen Schleswig–Holsteins über den Wahlkampf entscheiden. Die Lage ist alarmierend genug: Es drohen Demoralisierung und das Verschwinden der Partei und „der Trend entweder gar nicht oder SPD zu wählen“, so die Bundestagsabgeordnete Beer am Samstag. Aber wie grüne „LHAs“ (Landeshauptausschüße) so sind, sie veranstalten „Meinungsbilder“ und verschieben die Entscheidung ins nächste Gremium, den Landesvorstand. Drei Anträge von Realo/Mitte/ Fundi lagen vor: attraktive Landesliste mit Thea Bock und Otto Schily, damit die Partei wieder als „gestaltende Kraft“ erscheint und „politische Spannung“ zur SPD entsteht; die „Mitte“ will zwar Bundesprominenz, aber vorsichtshalber nur als „direkte UnterstützerInnen“; die „Fundis“ wünschen eine „bundesweite grüne Solidaritäts–Initiative“ zur Unterstützung der „Sachaussagen“. Das heißt, implizit gehen alle Strömungen davon aus, daß den Schleswig–Holsteins Grünen dringend geholfen werden muß. Im letzten Meinungsbild gab es eine eher schwache Mehrheit (15:12) dafür, zwar keine Ministerkandidaten festzulegen, aber mit der „Bundesprominenz“ unverbindlich in Kontakt zu treten und mit ihr ein „engeres Beratergremium“ für ministrable Personen zu formieren. Vor allem soll der Beschluß des Parteitages (“Koalition wird nicht ausgeschlossen“) „handhabbar“ gemacht werden. Was das heißt, blieb unklar. Wichtiger als die Misere und die drohende Wahlniederlage war im „LHA“ offensichtlich der Affekt gegen „Promis“ und überhaupt grüne Identität. Die Kandi datur von Schily bedeute „Personenkult“, bei dem „die Grünen in Heide runterfallen“ (R.Jakobitz) würden. Tamara Tschikowani, „Fundi“ aus Flensburg, wurde es „unheimlich schlecht“ bei der Forderung, „Wir sollen eine gestaltende Partei werden.“ Sie befürchte, daß die „Linken in unserem Land nur noch Plakate kleben dürfen“. Die Abgeordnete Beer: „Wir haben keine Lust für Otto und Thea Wahlkampf zu machen.“ So, als ob Thea und Otto womöglich allein über die Fünf– Prozent–Hürde kommen könnten. Tatsächlich analysierte der Landeshauptausschuß kaum die politische Lage in Schleswig–Holstein. Aber trotz des diffusen Endes des Diskussionsprozesses ist das Ergebnis eher, daß die Kandidatenfrage, das heißt die Auseinandersetzung um eine attraktive Landesliste, immerhin möglich ist. Vier Kreisverbände favorisieren bislang das Spitzenduo Bock/ Schily: Ost–Holstein, Neumünster, Kiel und Pinneberg. kh