piwik no script img

Briten basteln an neuem Tschernobyl

■ Kraftwerksingenieure protestieren gegen gewagtes Experiment in veraltetem Atomreaktor in Nordwales

Aus London Rolf Paasch

Die Betreiber des britischen AKW von Trawsfynydd in Nordwales beabsichtigen ein Experiment durchzuführen, das den nuklearen Spielereien gleicht, die vor 30 Jahren in Windscale und jüngst in Tschernobyl zu den bisher schwersten AKW–Unfällen führten. Die britische Elektrizitätsbehörde (CEGB) möchte eine Probe–Notabschaltung des Reaktors sowie des Kühlsystems vornehmen, um der Atomaufsichtsbehörde (NII) die Betriebssicherheit des 23 Jahre alten Reaktors zu beweisen. Die Pläne wurden erst publik, nachdem die Bedenken von Kraftwerks–Ingenieuren des Atommeilers von seiten der Betreiber ignoriert wurden. Die Elektrizitätsgesellschaft will am 12.Februar die Zirkulatoren, die das Kohlendioxyd zur Kühlung um den Reaktorkern kreisen lassen, für acht Stunden abschalten und die entstehende Hitze in die Boiler der Anlage ableiten. Dahinter steht die Annahme, das kühlende Gas werde weiterzirkulieren und so eine Überhitzung des Reaktorkerns verhindern. Das hatten auch schon die Ingenieure von Windscale und Tschernobyl geglaubt. In beiden Fällen hatten stattdessen die Graphitmoderatoren, die zum Stopp der Neutronen zwischen die Brennstäbe im Reaktorkern eingelassen sind, Feuer gefangen; mit den bekannten katastrophalen Folgen. Die NII steht nun vor der Alternative, den „Sicherheitstest“ zu verbieten oder ein Experiment gutzuheißen, dessen Mißlingen zum nächsten „Tschernobyl“ führen könnte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen