GASTKOMMENTAR: Skepsis
■ Zum WAA-Urteil aus München
Mit leiser Freude, aber auch großer Skepsis habe ich das Urteil des bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Normenkontrollverfahren Wiederaufarbeitungsanlage Wackersdorf zur Kenntnis genommen. Freude, weil es scheint, als sei einer übermächtigen Atom-Lobby ein kleines Sandkorn in den Weg gelegt worden. Die Skepsis jedoch überwiegt.
Erinnern wir uns: Als der Schwandorfer Landrat Schuirer Bedenken erhob, den soeben für nichtig erklärten Bebauungsplan auszulegen, schuf der bayerische Landtag das Gesetz über das Selbsteintrittsrecht und entmachtete ihn. Um Rechtsverfahren gegen Atomanlagen zu beschränken, beseitigte der Bundestag die erstinstanzielle Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte. Der gleiche Bundestag setzte zum 1.7.1987 einen §35 des Baugesetzbuches in Kraft, der u.a. atom-technische Anlagen zu sogenannten Außenbereichsvorhaben erklärte, die eines Bebauungsplanes gar nicht mehr bedürfen. Im Klartext: Der bayerische VGH hat möglicherweise nur etwas für nichtig erklärt, was nach der Gesetzesnovelle gar nicht mehr nötig ist. Und rein vorsorglich hat die DWK jedenfalls zwei, wohl aber drei der ursprünglich vier Kläger für stolze Preise schlichtweg gekauft.
Wenn Regierende und DWK noch einen Funken Gespür für das Rechtsgefühl der Bevölkerung haben, sollten sie nach dieser Schlappe endlich den Bau der WAA stoppen. Wir Atomkraftgegner aber müssen uns erinnern, daß bisher noch keine Atomanlage auf dem Rechtsweg verhindert worden ist, und unseren bisherigen Widerstand auch außergerichtlich fortsetzen. Helmut Wilhelm, Richter am Landgericht Amberg und geschäftsführender Vorstand des BBU
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