: Traditionsbewußt
■ Strauß bringt Bonner Südafrika- Politik ins Zwielicht
Selbstgefällig beteuerte der feiste Sonderbotschafter Kohls im südlichen Afrika, „Seine Exzellenz Doktor Franz Josef Strauß“, dem Vorsitzenden der namibischen Interimsregierung von Südafrikas Gnaden: „Wir sind sind auf ihrer Seite“. Mit diesem Treueschwur – im pluralis majestatis – knüpfte Bayerns Anwärter auf die königliche Thronnachfolge auch im ehemaligen Deutsch Südwest an bewährte Tradition an.
Voll Stolz blickte schon der südafrikanische Senator Vedder Mitte der Fünfziger Jahre auf die deutsche Kulturleistung in der ersten kaiserlichen Kolonie, „dem einzigen Land der Erde, wo Apartheid in steigendem Maße besteht“. Nazi-Experten für Rassenfragen dienten denn auch während des Zweiten Weltkrieges als programmatische Steigbügelhalter für das Buren-Regime, das in den Nachkriegsjahren das Apartheidsystem perfektionierte. Diesen Fußstapfen folgend tönte Dr. Strauß durch Südafrika: Gleiche und allgemeine Wahlen, wie sie die schwarze Mehrheit Südafrikas seit langem fordert, seien „nicht erreichbar und wahrscheinlich auch nicht wünschbar“.
Ganz im Sinne dieser Logik lobte der Ehrengast die Homeland-Politik der Apartheid-Planer, Kernstück schwarzer Unterdrückung im eigenen Land, und warb für die internationale Anerkennung des Schwarzen-Reservats Bophuthatswana. Trotz alledem erwartet den Bayernchef bei seiner Rückkehr kein Sturm der Entrüstung. Denn wer politische Erfolge haben will, braucht auch heute nur seine rassistische Fratze vorzuführen. Insofern war Strauß Ausflug ins Erbland deutscher Kulturwerte ein Paradestück zeitgenössischer Bonner Politik.
Michael Fischer
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen