Offensive gegen die WAA

Klägeranwalt Baumann hält die Plutoniumfabrik in Wackersdorf für nicht genehmigungsfähig / Mangelnde Erdbebensicherheit / Töpfer soll Zuverlässigkeit der Betreiberfirma DWK prüfen  ■ Aus Regensburg Bernd Siegler

Der Anwalt der Kläger gegen die umstrittene WAA in Wackersdorf, Wolfgang Baumann, geht in die Offensive. Mit weit über 30 anhängigen Klagen kämpft er „auf allen Ebenen um einen Baustopp“. Auf einer Pressekonferenz in Regensburg demontierte der Würzburger Anwalt den Joker, den die Bundesregierung, die bayerische Staatsregierung und die WAA- Betreiberfirma DWK nach dem überraschenden Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes aus dem Ärmel geschüttelt hatten – den §35 Bundesbaugesetz.

Nach dem Richterspruch am Freitag, der den WAA-Bebauungsplan für null und nichtig erklärt hatte, soll der am 1.Juli 87 im Kraft getretene §35 des Bundesbaugesetzes über „privilegierte Vorhaben im Außenbereich“ den Schwarzbau WAA rechtfertigen. Ein Bebauungsplan sei nicht mehr notwendig. Aber noch zwei Wochen vor Inkrafttreten der neuen Bestimmung am 16.Juni 87 hatte der Chef der obersten bayerischen Baubehörde, Ministerialdirigent Zeitler, den Gemeinderat von Wackersdorf brieflich aufgefordert, ein Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans einzuleiten, da „nunmehr die Grundzüge der Planung tangiert“ seien. Dieses Dokument legte Baumann vor. Auch Dr.Vogl vom bayerischen Umweltministerium hatte immer wieder den Bebauungsplan als rechtliche Grundlage für die Errichtung der WAA angesehen.

Baumann wirft den Gutachtern der DWK und der Staatsregierung vor, darüberhinaus die gültigen „Sicherheitstechnischen Regeln des Kerntechnischen Ausschusses (KTA)“ zu ignorieren. Aus der Regel „KTA 2201 Teil 1“ ergibt sich, daß die WAA in der Erdbebenzone 3 mit Regensburg als Erdbebenherd liegt, das heißt in einem Gebiet, in dem schon Erdbeben der Stärke 8 aufgetreten sind. Dagegen sagt das von Genehmigungsbehörde und DWK vorgelegte Gutachten: „Der Raum von Regensburg ist kein Bebengebiet“. Angesichts „tektonischer Störungen“ in den Tonschichten unter der sogenannten Bödenwöhrer Senke, auf der die WAA errichtet wird, halten Baumanns Gutachter außerdem die nuklearspezifischen Gefahren für das Grundwasservorkommen für beträchtlich. Selbst anhand der von der DWK vorgelegten Bohrprofile konnte dies nachgewiesen werden.

Daher verlangt Baumann vom Regierungspräsidenten der Ober pfalz, Karl Krampol, der den Bebauungsplan unterzeichnet und die Baugenehmigungen mit Sofortvollzug ausgestattet hatte, daß er sein Wort hält. Krampol hatte angekündigt, keine Baugenehmigungen zu erteilen, wenn die Bodenwöhrer Senke in irgendeiner Weise gefährdet und die Frage der Entsorgung ungeklärt sei.

Bundesumweltminister Töpfer forderte Baumann auf, die Zuverlässigkeit der DWK und aller am Errichtungskonsortium zum Bau der WAA beteiligten Firmen zu überprüfen. Dazu gehöre die Kraftwerkunion, die in Erlangen ein radiochemisches Labor ohne Genehmigung betrieben habe, die in den Hanauer Atommüllskandal verwickelte NUKEM und die wegen der Bestechungsaffäre um Transnuklear ins Gerede gekommene Kraftanlagen AG sowie die DWK selbst.

Nach Ansicht von Baumann hat die DWK die Genehmigungsbehörden und die Öffentlichkeit „seit Anbeginn“ darüber getäuscht, daß die geplante WAA „wenigstens bis ins Jahr 2066 das größte Atomlager der Bundesrepublik“ und damit ein „temporäres Endlager“ sei.