„Kinder der Apartheid“: Tod eines 18jährigen

Die Beerdigung des ermordeten Sicelo Dhlomo wurde am Samstag in Soweto zu einer politischen Demonstration Sein Auftritt in einem US-Fernsehfilm hatte ihm Verhöre durch die Sicherheitspolizei eingebracht  ■ Aus Johannesburg Hans Brandt

„Ich werde nicht aufgeben. Ich werde für mein Volk und meine Rechte kämpfen, für ein demokratisches Südafrika. Ich könnte sterben, um dieses Ideal zu erreichen. Aber ich werde nicht aufgeben.“ Mit diesen Worten beschrieb Sicelo Dhlomo Mitte letzten Jahres in einem Interview seine Entschlossenheit, gegen die Apartheid zu kämpfen. Am Wochenende wurde der 18jährige in Soweto beerdigt.

Ein massiver Polizei- und Militäreinsatz konnte nicht verhindern, daß die Beerdigung zu einer politischen Versammlung wurde. Hunderte von Jugendlichen, die sich am Samstag nachmittag vor Dhlomos Haus versammelt hatten, wurden mit Tränengas auseinandergetrieben. Am Morgen hatten zahlreiche Polizisten und Soldaten die katholische Regina Mundi Kirche abgesperrt. Nur 200 Trauergäste, mit schriftlichen, von der Polizei ausgegebenen Einladungen wurden in die Kirche gelassen.

Dhlomo, Mitarbeiter der Menschenrechtsorganisation „Komitee zur Unterstützung der Eltern von Häftlingen“ (DPSC) war am 24. Januar von Unbekannten kaltblütig ermordet worden. Seine Leiche fand man mit einer Schußwunde im Kopf in der Nähe seiner Wohnung in Soweto. Anti-Apartheid-Organisationen sind überzeugt, daß Dhlomos Ermordung politisch motiviert war. Nur drei Tage vor seinem Tod war er mehrere Stunden lang von der Johannesburger Sicherheitspolizei verhört worden.

Thema des Verhörs war ein vom US-amerikanischen TV- Sender CBS gedrehter Film mit dem Titel „Kinder der Apartheid“. Der Film hatte vor allem Südafrikas Staatspräsident Pieter W. Botha verärgert, weil darin Interviews mit Bothas Tochter Ronelle und der Tochter von Nelson Mandela, Zinzi, gegenübergestellt wurden. Dhlomo hatte in dem Film seine Misshandlung im Gefängnis beschrieben.

Der Polizei zufolge bestätigte Dhlomo in einer eidestattlichen Erklärung, daß ihm von CBS-Redakteuren vorgeschrieben worden war, was er in dem Film sagen sollte. „Wir wollten dafür sorgen, daß der Junge deutlich macht, wie er mißbraucht wurde, um Lügen über Südafrika zu verbreiten“, sagte der Minister für Recht und Ordnung, Adriaan Vlok, kurz nach Dhlomos Ermordung. Deshalb, so Vlok, habe die Polizei kein Interesse an seinem Tod. Doch die angeblich existierende Erklärung ist bisher nicht veröffentlicht worden.

Inzwischen hat die Polizei eine Belohnung von 4.500 Mark für Informationen ausgesetzt, die zur Festnahme von Dhlomos Mördern führen. Die Polizei ist der Meinung, daß Dhlomo von Mitgliedern einer rivalisierenden schwarzen Oppositionsgruppe ermordet wurde. Oppositionsvertreter halten dies für eine Ablenkungstaktik. Sie glauben nicht, daß Dhlomos Mörder vor Gericht erscheinen werden. „Wir sind inzwischen daran gewöhnt, daß Leute von mysteriösen Mördern getötet werden, die immer dem Gesetz zu entkommen scheinen“, schrieb die Tageszeitung Sowetan schon Mitte letzten Jahres in einem Leitartikel.

Die Liste der Apartheid-Gegner, deren Mörder nie gefunden wurden, ist lang. Nur in den seltensten Fällen mußten sich die Täter vor Gericht verantworten. Jüngstes Beispiel sind die seit Monaten anhaltenden blutigen Kämpfe in der Nähe der Stadt Pietermaritzburg in der Provinz Natal. Mehrere, als „Kriegsherren“ bekannte Führer von Schlägertrupps sind schon identifiziert und der Polizei gemeldet worden. Doch die „Kriegsherren“ sind noch immer auf freiem Fuß und führen weiter ihre Schlägerbanden.