: Zwanzig Jahre Mannesmann in China – „Joint Venture“ in Aussicht?
Langzeitorientierung des Düsseldorfer Stahlkonzerns zahlt sich aus: Mannesmänner dick drin im China-Geschäft / Ausbildungsprogramme auch in der Bundesrepublik ■ Von Georg Wadehn
Düsseldorf/ Beijing – 20 Jahre genau ist es her, noch mitten in der Kulturrevolution der Volksrepublik China, daß der Chronist seinen Kommentar zum seinerzeit (wieder) aufblühenden Geschäft der Mannesmann AG Düsseldorf mit dem „Reich der Mitte“ in einer damals in Stuttgart erschienen Wochenzeitung so überschrieb: „Blech für Mao“. Heute werden auf dem Blech- und Rohrsektor weltweit weniger (derartige) Großaufträge vergeben. Doch durch die neuen Techniken und vielfältigen Innovationen erhält auch die wirtschaftliche Zusammenarbeit eines Industrie-Giganten wie Mannesmann mit dem Entwicklungs- oder besser „Schwellenland“ China eine völlig neue Dimension. „Know-how-Transfer“ heißt hier jetzt die neue Zauberformel – auch für den Mannesmann-Konzern.
China-Handel hat bei Mannesmann Tradition. Schon in den dreißiger Jahren war die AG dort im Maschinen- und Anlagenbau tätig. Dann kamen eben die Rohre, und seit einem Dutzend von Jahren macht Mannesmann an der Großen Mauer in Hydraulik. „Doch wenn bisher mechanische Fertigkeiten nach China übertragen wurden, muß heute von uns das Denken in Systemen vermittelt werden“, so der Vorsitzende des Vorstandes Werner H.Dieter.
Das geschieht seit ebenfalls zwölf Jahren über eine eigene Firmenvertretung in der Hauptstadt.
An Industrialisierung beteiligt
Mannesmann hat bisher ein Kaltbandwalzwerk und eine Brammstranggießanlage nach Wuhan geliefert. Das Stahlkombinat Daoshan bekam eine Rohrkontistraße aus Düsseldorf und die Tochtergesellschaft Demag Sack durfte (ebenfalls nach Wuhan) ein Kaltwalzwerk liefern. Ohnehin: Auch andere Mannesmann-Töchter mischen im China-Geschäft kräftig mit: Hartmann&Braun, Kienzle und die ANT Nachtrichtentechnik (beim Telefonbau). Darüber hinaus bestehen zwischen dem Konzern und diversen chinesischen Partnern 35 Kooperationsverträge. Wert dieses beachtlichen Deals: eine Milliarde Mark. Kommentiert Oberboß Dieter: „Mannesmann hat an der... chinesischen Industrialisierung mitgewirkt.“
Ausbildung eingeschlossen
Diese jahrzehntelangen Mannesmann-Beziehungen zur Volksrepublik China und die Zusammenarbeit an vielen Projekten lassen die gewünschte Langzeitwirkung erkennen, die das Unternehmen gerade hier anstrebt. In diesem Zusammenhang sind auch die über 800 chinesischen Ingenieure, Meister, Techniker und Facharbeiter zu sehen, die im Mannes mann-Konzern hier in der Bundesrepublik Deutschland schon geschult worden sind. „Bis 1990 könnte hier die Zahl 1.000 längst überschritten sein“, meint Pressesprecher Dr.H.von Plettenberg. Auch in China selbst führt die Firma freilich Schulungen durch.
Und im Rahmen eines Studienprogramms der deutschen Wirtschaft bietet die Düsseldorfer AG jungen chinesischen Akademikern die Möglichkeit, sich einein halb Jahre theoretisch und praktisch in Westdeutschland weiterzubilden. Die bis dato zur Verfügung gestellten 150 Studienplätze wurden 1987 auf 180 aufgestockt, und bis 1990 soll bundesweit die Zahl 300 erreicht werden.
Probleme nicht außen vor
Trotzdem – die Diskrepanzen und Probleme in dieser Partnerschaft China – Bundesrepublik bleiben auch den Mannesmännern nach zwei Jahrzehnten neuen lukrativen China-Geschäfts nicht erspart. Zum einen verweist Mannesmanns Chinarepräsentant Heinz-Günter Markwart darauf, daß die „gesellschaftliche Regelung der Zusammenarbeit eines privatwirtschaftlich organisierten Unternehmens mit planwirtschaftlich arbeitenden Institutionen schwierig“ ist. Andererseits weiß aber auch alle Welt, daß der Finanzspielraum der Volksrepublik ziemlich begrenzt ist. Und – auch im Maschinen- und Anlagenbau – China vergibt zur Zeit wegen seiner Devisenknappheit und Autarkiebestrebungen gerade auf diesem Sektor weltweit weniger Aufträge als noch vor zwei Jahren. Obwohl: Das Land hätte noch Kreditreserven. Von den vor fünf Jahren von der Weltbank zur Verfügung gestellten 28 Milliarden Dollar hat die VR China bis 1987 erst 17 Milliarden Dollar in Anspruch genommen. Doch die Chinesen sind eben als recht sparsam bekannt. Zu alledem – wenn von den Chinesen einmal Aufträge vergeben sind, beginnt zumindest in der Bundesrepublik die Jagd nach Finanzierungskonditionen. Aber Mannesmann Dieter setzt dagegen: „An diesem Wettlauf... kann und will Mannesmann sich nicht beteiligen.“
Künftig noch partnerschaftlicher
W.H.Dieter ist vielmehr für langfristige Beziehungen, stolz „auf unsere technologische Kraft einschließlich Software“ und will ebenso an den bewährten Formen des Know-how-Transfers festhalten. Und so schließt er denn eine Joint Venture für die nächste Zukunft nicht aus. Zumal der Konzern die schon genannten Kooperationsformen mit dem Partner bereits verhandelt und ausgelotet haben will. Dieter: „Wir wollen diese Partnerschaft, die mehr ist als eine Kunden-Lieferanten-Beziehung, in der Zukunft erhalten und ausbauen.“
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