: Der Favorit fällt
■ Die republikanische Partei vor der Zerreißprobe / Vizepräsident Bush kurz vor dem Aus
„Iowa ist Iowa und New Hampshire ist New Hampshire“, meinte George Bush zwei Tage nach seinem enttäuschenden Abschneiden bei den republikanischen Vorwahlen in Iowa. Zwei Tage vor der nächsten Prüfung durch die Wähler wird jedoch immer wahrscheinlicher, daß sich für den Vizepräsidenten das Debakel von Iowa in New Hampshire wiederholt. In Iowa hatte der moralinsaure Fernsehprediger Pat Robertson Bush um Längen geschlagen und auf den dritten Platz verwiesen. In New Hampshire zeigen die letzten Meinungsumfragen, daß der Vizepräsident weniger Stimmen als sein Hauptkonkurrent Robert Dole bekommen könnte – eine überraschende Entwicklung, denn der kleine US-Bundesstaat im Nordosten des Landes galt schon immer als Bastion der Reagan-Loyalisten und damit als ausgemachtes Bush-Territorium. Doch Bush war immer nur der Stellvertreter und Ersatzmann für Reagan, der im Zweifelsfall, so in der Iran-Contra- Affaire, keinen Widerspruch gegen Vorschläge des Präsidenten riskierte. Bush sei ein Schwächling, so die allgemeine Auffassung, ein politischer Pappkamerad, der, so Reagans Ex-Außenminister Haig bei seinem Ausscheiden aus dem Präsidentschaftswettbewerb, „schlicht nicht wählbar“ sei. Haig empfahl seinen führerlos gewordenen Anhängern, ihre Stimme stattdessen Robert Dole zu geben.
New Hampshires republikanische Wähler, das zeigen Umfragen, warteten nicht erst auf Haigs Empfehlungen, sondern begannen seit dem Bekanntwerden der Ergebnisse in Iowa, sich von Bush loszusagen. Vor allem die konservativsten unter ihnen liefen zu dem Kongreßabgeordneten Jack Kemp über. Wenn Iowa für Bush eine politische Niederlage war, so stellte der zweite Platz für Pat Robertson vor allem einen organisatorischen Sieg des Predigers dar. Ihm war es gelungen, die Anhänger seiner evangelikal-fundamentalistischen Weltsicht in massiver Form zu den Wählerversammlungen zu mobilisieren und damit dem republikanischen Parteiestablishment einen göttlichen Schrecken einzujagen. In New Hampshire wird er voraussichtlich nicht 26, sondern eher nur zehn bis 15 Prozent der Stimmen einheimsen, doch wenn die Kampagne dann in den sogenannten „Bibelgürtel“, die Südstaaten schwenkt, kann seine große Stunde kommen.
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