: Angeblich Terrorgruppe in der PKK
■ Die Bundesanwaltschaft will eine terroristische Vereinigung innerhalb der kurdischen Arbeiterpartei PKK ausgemacht haben / Laut Bundesanwaltschaft bislang keine Beweise über organisierte Zusammenhänge
Berlin (taz) – Eine „terroristische Vereinigung“ mit überwiegend kurdischen Mitgliedern will die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe ausgemacht haben. Es handele sich dabei, so BAW-Sprecher Prechtel gegenüber der taz, um eine Gruppierung, die sich die legalen Strukturen der kurdischen Arbeiterpartei PKK zunutze mache, aber nicht unbedingt im Parteiauftrag handele.
Seit Mitte letzten Jahres hat die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen auf Grundlage des §129a übernommen. Den Auftakt bildete eine bundesweite Razzia im Symphatisantenumfeld der PKK, in deren Verlauf auch das Parteivermögen beschlagnahmt worden war. Obwohl das Geld mittlerweile zurückgegeben wurde, dauert laut Prechtel die Auswertung des beschlagnahmten Materials nach wie vor an. Außerdem sind bereits vier Kurden verhaftet worden, gegen zwei von ihnen hat der Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof erst vergangenen Sonntag einen Haftbefehl erlassen. Sie werden der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und in einem Fall des Mordes verdächtigt.
Bereits in der letzten Woche hatte der BGH gegen die Kurden Ali Sacik (31) und Bozan Öztuerk (28) Haftbefehle erlassen. Beide werden beschuldigt, direkt oder mittelbar an einer Entführung beteiligt gewesen zu sein, bei der ein 28jähriger Kurde in Braunschweig verschleppt wurde. Der Mann soll schwer mißhandelt worden sein. Er hätte jedoch fliehen können, als seine Entführer ihn im Auto nach Köln schaffen wollten, um ihn dort vor ein sogenanntes „Volksgericht“ zu stellen, welches ihn als Verräter aburteilen sollte. Nach Angaben Prechtels wurde Bozan Öztuerk festgenommen, als er unter Vorspiegelung falscher Tatsachen den Entflohenen angeblich im Auftrage von dessen Familie bei der Polizei abholen wollte.
Aufgrund welcher Hinweise oder Indizien die anderen Verhaftungen erfolgten, wird von der Bundesanwaltschaft nicht bekannt gegeben. Ob, und wenn ja, welchen Zusammenhang die angebliche Terrorgruppe tatsächlich mit der kurdischen Arbeiterpartei hat, ist in Karlsruhe scheinbar völlig unklar. Die Ermittlungen seien noch in vollem Gange, über Zusammenhänge und Strukturen könne man bislang keine Auskünfte geben, beteuert Prechtel. Ob die Ermittlungen mit Informationen aus dem Ausland, zum Beispiel der Türkei, angereichert werden, wollte Prechtel weder bestätigen noch dementieren. Die schwedischen Erfahrungen, wo die Sicherheitspolizei der PKK vergeblich terroristische Aktivitäten nachzuweisen versucht hatte, will Prechtel jedoch nicht gelten lassen. Die Situation sei in den verschiedenen Ländern überhaupt nicht zu vergleichen. Eine Äußerung der PKK zu den bisherigen Festnahmen liegt bislang nicht vor. Allerdings wird der Partei von anderen kurdischen und türkischen Gruppen seit längerem vorgeworfen, Dissidenten in den eigenen Reihen gewaltsam ausgeschaltet zu haben.
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