Bremer Uni muß Daimler–Chef ehren

■ Akademischer Senat bestätigte mit hauchdünner Mehrheit den Antrag des Fachbereichs, den Daimler– Vorstand Niefer zum Ehrendoktor zu machen / Verfahren wegen Druck der Landesregierung kritisiert

Bremen (taz) - Der „Übergang von der roten Kaderschmiede zur Daimler–Benz– Universität“ sei etwas „unvermittelt“, fand der Jurist Brüggemeier in der Sitzung des Akademischen Senats. Das Gremium hatte die delikate Frage zu entscheiden, ob denn der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Auto– und Rüstungskonzerns Niefer die Ehrendoktorwürde der Bremer Reform–Alma Mater erhalten soll. In dem Fachbereich Produktionstechnik, findet sich bis heute niemand, der behauptet, er habe den Vorstands– Mann vorgeschlagen. Und so mußte das oberste Gremium der Universität, in dem inzwischen nicht mehr drittelparitätisch, sondern nach Statusgruppen gewichtet entschieden wird, das „Verfahren“ debattieren, in dem schließlich doch eine 3/4– Mehrheit am Fachbereich zustandegekommen war. Die Schlüsselfigur des Verfahrens, der Fachbereichsleiter Rath, saß derweil die vier Stunden dabei und sagte kein Wort. Er allein hätte vermutlich die Frage der Studentenvertreter beantworten können, wer denn wenn nicht der Daimler–Vorstand - auf Niefer gekommen ist. Allerlei undementierte Gerüchte kursieren an der Universität, der Rektor mußte sich den Vorwurf gefallen lassen, diese nicht aufgeklärt zu haben. Nachdem dann der Name Niefer auf der Einladung zur Fachbereichsratssitzung stand, so erklärte der Rektor, sei die Frage eher gewesen, ob man den Konzern–Mann durch eine negative Entscheidung vor den Kopf stoßen kann. In dieser „äußerst schwierigen Situation“ (Rektor), in der die erforderliche Mehrheit im Fachbereichsgremiums noch fehlte, ist das passiert, was der Akademi sche Senat nun mit großer Mehrheit als „Rückschlag“ für die universitäre Autonomie verurteilte. Da wurden Versprechungen im Sinne eines Kuhhandels gemacht, einzelne Hochschullehrer durch Anrufe aus der Bildungsbehörde mit der Drohung konfrontiert, ein Scheitern der Ehrung könne für die 14.000 Bremer Daimler–Arbeitsplätze Folgen haben. Die Namen aus der streng vertraulichen Probeabstimmung müssen dem Rektor hinterbracht worden sein, so daß der dann ausgerechnet die Kritiker ohne Professoren–Titel in sein Amtszimmer mit zwei SPD– Daimler–Betriebsräten konfrontieren konnte, während der Abweichler unter den Professoren ins Rathaus zitiert und und von der gesamten Spitze der Landesregierung weich geklopft wurde. Im Fachbereichsrat selber, so berichtete eines der Mitglieder, hätten vier Hochschullehrer - unter anderem ihren Doktoranden - damit gedroht, bei einer negatven Entscheidung würden sie ihre Tätigkeit an der Bremer Uni beenden. Der Jurist Brüggemeier faßte die Lage denn auch so zusammen, daß sich die Universität einer mittleren Großstadt mit zweistelligen Arbeitslosenzaahlen und Daimler als größter privater Arbeitgeber offenbar nicht mehr die Entscheidungsfreiheit leisten könne. So oder so komme die Universität nicht ohne „Gesichtsverlust“ heraus. Bei der Abstimmung wollte er sich deshalb nicht beteiligen - und sicherte damit eine hauchdünne Mehrheit für den Ehrendoktorhut. Die Kritiker hatten abgesprochen, daß an der Bremer Universität die Konzern– und Staats–Raison mit 12,5 über 12,13 Stimmen für die Hochschulautonomie siegen sollte. K.W.