: Berliner Spitzeleien
■ taz–Redakteure und AL–Funktionäre wurden in Berlin bespitzelt
Berlin (taz) - West–Berlins Innensenator Wilhelm Kewenig hat jetzt, in einem Schreiben an den SPD–Fraktionsvorsitzenden Momper, die Bespitzelung von Funktionären der Alternativen Liste und Redakteuren der taz eingeräumt. Kewenig bestätigte nun, was er noch am 2.12.1987 in einem Brief an den AL–Fraktionschef Wolfgang Wieland bestritten hatte. Der Senator ließ damals die AL wissen, daß der Verfassungsschutz die Versuche der Unterwanderung durch Linksextremisten beobachten würde, aber das geschehe unter Verzicht des Einsatzes von nachrichtendienstlichen Mitteln. In seinem jüngsten Brief an die SPD gestand Kewenig nun das Gegenteil. In fein gedrechselter Sprache gibt der Senator zu, daß nur Personen, die als Träger der linksextremistischen Unterwanderung in Frage kommen, der Beobachtung durch nachrichtendienstliche Mittel unterliegen. Zu diesen Trägern zählt Kewenig auch den AL–Fraktionsvorsitzenden Wieland und den AL–Pressesprecher Dirk Schneider. Über die Anzahl der übrigen bespitzelten AL–Mitglieder schweigt der Senator sich weiterhin aus. Bestätigt hat Kewenig auch, daß einzelne Redakteure der taz unter Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel (Telefon– und Postüberwachung) bespitzelt werden. Allerdings, so hob Kewenig hervor, geschieht das nicht in den Räumlichkeiten, in denen die Personen tätig sind. Aus der öffentlich ausgetragegen Debatte in der Alternativen Liste über die Gewaltfrage, zog Kewenig die Konsequenz, den Verfassungsschutz mit einer Neubewertung der Verfassungstreue der AL zu beauftragen. Die Alternativen in Berlin gehen davon aus, daß Kewenig sich hier Munition zur Diffamierung der AL hat erstellen lassen. In einer Presserklärung fordert die AL vom Regierenden Bürgermeister, Innensenator Kewenig als nun entlarvten „Oberspitzel“ zu entlassen. time
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