Geldstrafe im Sare-Prozeß gefordert

Plädoyers von Staatsanwalt und Nebenklage im Sare-Prozeß / Verteidigung plädiert am kommenden Montag / Anwälte der Nebenklage bemängelten mangelhafte Aufklärung des Tathergangs / Urteil am 1.März  ■ Aus Frankfurt Reinhard Mohr

Freispruch für den Fahrer und 2.000 Mark Geldstrafe für den Kommandanten des Wasserwerfers – das waren die Forderungen des Staatsanwalts, der gestern im Prozeß vor der 31.Großen Strafkammer des Frankfurter Landgerichts gegen die beiden Polizeibeamten plädierte, denen die „fahrlässige Tötung“ von Günter Sare vorgeworfen wird. Die Vertreter der Nebenklage verlangten in ihren Schlußplädoyers die Verurteilung beider Angeklagter zu einer „angemessenen Strafhöhe“. Nachdem vor einigen Wochen schon einmal alle Verfahrensbeteiligten plädiert, der Wasserwerfer-Kommandant Reichert sein neunmonatiges Schweigen gebrochen und sein Schlußwort gesprochen hatte, war die Beweisauf nahme wieder eröffnet worden, weil erhebliche Zweifel an einem Gutachten entstanden waren. An der rechtlichen Beurteilung des gesamten Sachverhalts, so Staatsanwaltschaft und Nebenklage übereinstimmend, hätten die dabei gewonnenen Erkenntnisse nichts geändert. Gleichwohl sind durch ein zweites „fotogrammetrisches“ Gutachten und weitere Zeugenaussagen inzwischen starke Zweifel aufgekommen, ob das „Bild 22“, das eine laufende männliche Person im Strahl zweier Wasserwerfer zeigt, den kurz danach von „WaWe 9“ überrollten Günter Sare abbildet. Die Messungen der Sachverständigen haben eine Differenz zwischen der Körpergröße von Günter Sare und der des Mannes auf der Fotografie ergeben.

Die Anwälte der Nebenklage, Temming und Borowsky, wiesen darauf hin, daß die mangelhafte Aufklärung des Tathergangs nicht zuletzt darauf beruhe, daß wichtige Beweismittel, darunter das Protokolltonband des Wasserwerfers und Filmnegative, verschwunden seien. Auch sei eine sofortige Spurensicherung nach der Tat versäumt worden. Rechtsanwalt Temming übte Kritik an den Sachverständigen, deren Aussagen keine präzisen Schlußfolgerungen zuließen. Er gehe weiterhin davon aus, daß das „Bild 22“ Günter Sare kurz vor seinem Tod zeige und erinnerte an die – ideologisch unverdächtigen – Zeugenaussagen von Polizeibeamten eines anderen, des „kleinen“ Wasserwerfers, denenzufolge ein Mann alleine im Wasserstrahl stand, bevor er überfahren wurde. Auf jeden Fall aber habe sich der „Wawe 9“-Kommandant eigenmächtig über den Einsatzbefehl „Unterstützen Sie die Kräfte im Kreuzungsbereich!“ hinweggesetzt und sei „als Django Reichert in die Hufnagelstraße gebrettert“. Damit habe er zusammen mit dem Fahrer Hampl die Risikogrenze weit überschritten:“Beide haben sich der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht.“ Das Urteil soll am 1.3. gesprochen werden.