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Proteste vor dem Shultz-Besuch in Israel

■ Wieder vier Palästinenser erschossen / Wegenetz am Westjordan-Ufer soll strategischen Bedürfnissen Rechnung tragen / Tränengas im Krankenhaus / Israelische Schriftsteller veröffentlichen Aufruf an amerikanische Juden, Israels Vorgehen zu verurteilen

Jerusalem (rtr) – Wenige Tage vor dem Besuch des US-Außenministers George Shultz in Israel sind am Wochende wieder vier Palästinenser bei Protestaktionen von israelischen Soldaten erschossen worden. Der zwölfjährige Nassarallah Abdul Kader wurde am Samstag im Flüchtlingslager Tulkarem während einer Demonstra tion erschossen, und Abdallah Atta Abdallah in Ramallah bei Jerusalem. Die Versionen über die Todesursache Abdallahs gehen auseinander. Während eine Armeesprecherin sagte, eine Patrouille habe erst dann scharf geschossen, als ihr Leben bedroht gewesen sei, hieß es in Palästinenserkreisen, die Besatzung eines Jeeps habe den jungen Mann aufgehalten und ihm aus nächster Nähe den Kopf regelrecht zerschossen. Zwei weitere Palästinenser wurden am Sonntag erschossen.

Der Leiter des Krankenhauses von Ramallah, Isa Salti, berichtete, daß Soldaten Tränengasgranaten in das Krankenhaus geworfen hätten. Ein Kanister sei im Labor, ein anderer in der Entbindungsstation gelandet. Das Personal habe zwölf Frühgeborene in Brutkästen in Sicherheit bringen müssen.

Bei einer Razzia in der Westbank wurden am Sonntag morgen 23 Palästinenser festgenommen. Über das Dorf Saatra bei Hebron wurde vorübergehend eine Ausgangssperre verhängt. Führende Palästinenser kündigten weitere Aktionen während des Shultz-Besuchs an. Demonstranten in Ostjerusalem schleuderten am Samstag zwei Brandsätze gegen das US- Konsulat. Die Polizei in Jerusalem wurde bereits um 1500 Beamte verstärkt. Shultz wird am Donnerstag in Israel erwartet. Ein Militärsprecher erklärte, er rechne mit „mindestens zwei oder drei sehr schwierigen Tagen“. Israelische Schriftsteller riefen am Sonntag in der New York Times die amerikanischen Juden dazu auf, Israels Vorgehen in den besetzten Gebieten zu verurteilen.

Ein Vertreter des israelischen Straßenbauministeriums erklärte, das Projekt eines neuen Straßennetzes für die Westbank solle vorgezogen werden, nachdem die Armee auf früheren Baubeginn gedrängt hatte. Geplant sind mehrere Umgehungsstraßen, um den Palästinensern Angriffe auf israelische Fahrzeuge zu erschweren. Die Autofahrer sollen in Zukunft die Stadt Kalkilija umgehen und auf einer neuen Anfahrt vom Süden her nach Jerusalem gelangen können, ohne das Flüchtlingslager Deheische bei Bethlehem passieren zu müssen.

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