Der Stern fahndet mit

Kritisch ist an der Berichterstattung zu der Fahndungsaktion nach „Roter Zora“und seinen Folgen nichts / Manche Blätter schreiben wie der Staatsschutz es wünscht  ■ Von Oliver Tolmein

In der BRD ist die Volksfahndung nach angeblichen RZ-Mitgliedern ausgerufen und alle machen mit. Nachdem die sogenannte kritische Presse über die Verhaftungen und Durchsuchungen am 18. Dezember 1987 beredt hinweggeschrieben hatte, weder die äußerst dürftigen Haftgründe noch die denkwürdigen Durchsuchungsmethoden Thema waren, mobilisieren Blätter wie der Spiegel und der Stern jetzt wie es sich der Staatsschutz wünscht. Eine große Fotoleiste mit den fünf zur Fahndung ausgeschriebenen Personen illustrieren die im gestern herausgekommenen Stern großzügig aufbereitete Geschichte über die „Rote Zora und ihre Wecker“.

Nachdem zu Wochenbeginn schon der Spiegel etliche Mühen darauf verwendet hatte, die groß angelegte Überwachungsaktion von „Emes Sonochron“ als verfassungspolitisch notwendig und äußerst ergiebig darzustellen, beschreibt jetzt auch der Stern den Weckerkauf als plausible und ausreichende Verdachtsmomente. Um das Bild der „Feierabend-Terroristinnen“ journalistisch überzeugend abzurunden, führt der Stern auch Argumente an, die nicht einmal beim Haftprüfungstermin von Ingrid Strobl mehr eine Rolle gespielt haben: Die angeblich bemerkenswerten Übereinstimmungen hinsichtlich Wortwahl und Stil zwischen RZ-Bekennerschreiben und Ingrid Strobls Artikeln.

Die Reflektionen in der bundesdeutschen Presse über den „Deutschen Herbst 1977“ wirken angesichts der staatsschutztreuen Berichterstattung heute wie nostalgische Reminiszenzen. Kritisch ist dieser Zweig der Öffentlichkeitsproduktion vor allem, wenn die Staatssicherheit nicht gefährdet wird: kommt das Signal, daß es ernst wird, wird nach den Regeln, die aus Karlsruhe und Wiesbaden diktiert werden, geschrieben.