Lafontaine empört Gewerkschaften

■ SPD und Gewerkschaften reagieren heftig auf die Forderung des saarländischen Ministerpräsidenten, Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich zu schaffen / Auch Maßnahme gegen Lehrerarbeitslosigkeit

Berlin (taz) - Die Forderung des stellvertretenden SPD–Vorsitzenden und saarländischen Ministerpräsidenten Oskar Lafontaine nach einer Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich läßt nach wie vor die Wellen in SPD und Gewerkschaften hochschlagen. Die ÖTV wies den Vorschlag Lafontaines als nicht hilfreich bei der derzeitigen Tarifauseinandersetzung zurück. Auch der SPD–Vorsitzende Vogel distanzierte sich vorsichtig von seinem Stellvertreter. Dagegen hat der Vorsitzende der CDU–Sozialausschüsse, der Berliner Sozialsenator Ulf Fink, den Grundgedanken Lafontaines begrüßt, nicht nur die Arbeit, sondern auch den Lohn zwischen Arbeitenden und Arbeitslosen gerechter aufzuteilen. Auch Hamburgs Dohnanyi unterstützte seinen Parteifreund Lafontaine. Arbeitszeitverkürzung, Lohnerhöhung und neue Arbeitsplätze seien nicht zusammen zu bekommen. In einer Talkshow am Donnerstagabend präzisierte Lafontaine inzwischen seinen Vorschlag. Es gehe nicht darum, daß die unteren Lohngruppen zugunsten der Arbeitslosen einen Lohnverzicht hinnehmen sollten. Aber wenn etwa die Lehrer im Saarland zwei Unterrichtsstunden weniger leisteten, gebe es in seinem Bundesland keine Lehrerarbeitslosigkeit mehr. Es gehe darum, die Angestellten mit mittleren und hohen Einkommen zum Verzicht auf Einkommensanteile zu bewegen. Dies sei ein ur–sozialdemokratisches Prinzip der Solidarität. Die Gewerkschaften forderte Lafontaine auf, in dieser Hinsicht Einsicht zu zeigen. Die Warnstreikaktionen der ÖTV Anfang der Woche haben zu teilweise heftigen Ausfällen von Politikern geführt. Der innenpolitische Sprecher der FDP–Fraktion, Burkhard Hirsch, sprach von „unverantwortlicher Geiselnahme“ unbeteiligter Bürger. Die ÖTV–Vorsitzende Monika Wulf– Mathies dagegen bescheinigte den Teilnehmern an den Warnstreiks verantwortungsbewußtes Handeln. marke