Angst vor „Abtreibungs– erschleichung“

■ Die CSU und 60 - 80 CDU–Männer lehnen eine Bestrafung der ehelichen Vergewaltigung ab / Drohung mit „Gewissensfrage“

Berlin (ap/taz) - Die CSU hat im Koalitionsgespräch mit Bundeskanzler Kohl angekündigt, daß sie eine Bestrafung der Vergewaltigung in der Ehe ablehnt und deshalb im Bundestag und Bundesrat gegen die Neuformulierung des Sexualstrafrechts stimmen werde. Das berichtet die Augsburger Allgemeine in ihrer gestrigen Ausgabe. Kanzler Kohl sei gleichzeitig auf die Gefahr eines „Auseinanderreißens der Union“ aufmerksam gemacht worden; denn auch mindestens 60 bis 80 CDU– Abgeordnete wollen ihr Abstimmungsverhalten in dieser Frage zu einer Gewissensentscheidung machen. Die Gegner einer Gleichbehandlung von Vergewaltigung innerhalb und außerhalb der Ehe begründen ihre Ablehnung vor allem mit der damit verbundenen „Erweiterung“ der „kriminologischen Indikation“. (Diese regelt im Rahmen des Paragraphen 218 die Straffreiheit von Schwangerschaftsabbrüchen nach einer Vergewaltigung.) Der sozialpolititsche Sprecher der CSU–Fraktion im Bundestag, Horst Seehofer, betonte gegenüber der taz, daß diese „Erweiterung in Bezug auf die Praxis des 218“ das „durchschlagende Argument“ gegen eine Strafrechtsänderung sei, denn Frauen könnten sich damit künftig einen „Abtreibungsgrund erschleichen“. Die Angst des CSU–Mannes: Ehefrauen stellen Strafanzeige gegen ihre Männer, treiben mit Hilfe der „kriminologischen Indikation“ ab und ziehen dann die Anzeige zurück. Es ist immer wieder erstaunlich, wie Männer - und besonders Politiker - ihre eigenen „perversen“ Ideen und Machenschaften als „Frauen“–Realität darstellen! d. S.in Familienministerin Süssmuths Entwurf, über Monate mit dem Justizminister ausgehandelt, sieht Vergewaltigung in der Ehe als Offizialdelikt vor, - mit der Einschränkung, daß Nichtverfolgung bei Einspruch der Ehefrau möglich ist. Die Ministerin sieht - so die Augsburger Allgemeine - das Nein ihrer männlichen Parteifreunde nicht als endgültig an. Sie will mit den „CSU–Männern“ diskutieren. lu