: I N T E R V I E W „Weizsäcker weckte Erwartungen“
■ Andrea Hoesch sprach mit Günther Verheugen, dem Südafrika–Experten der SPD
taz: Wie schätzen Sie die innenpolitischen Konsequenzen der Weizsäcker–Reise ein? Verheugen:Ich glaube, daß der Bundespräsident die Diskussion in der Bundesrepublik in eine neue Dimension gebracht hat. Die sehr klare Verurteilung der Apartheid und die sehr differenzierte Stellungnahme zur Frage der Sanktionen begünstigen natürlich diejenigen in der Bundesrepublik, die mit der bisherigen Politik nicht einverstanden sind. Das ist ja wohl auch der Grund, warum die CSU so aufjault. Wird sich die Bundesregierung nun zu konkreten Sanktionen gegenüber Südafrika durchringen? Ich bin nach wie vor skeptisch. Es ist ja heute deutlich geworden, daß die Koalition sich kaum einigen kann. Die Notwendigkeit von Sanktionen kann mit vernünftigen Gründen nicht bestritten werden. Die Maßnahmen der südafrikanischen Regierung zeigen, daß es eine völlige Fehleinschätzung ist, zu glauben, daß die weißen Machthaber den Weg des friedlichen Wandels gehen wollen. Wir haben wirklich nichts anderes in der Hand als Sanktionen. Nur so könnte man uns nicht länger vorwerfen, wir würden dieses System länger unterstützen. Warum tut sich denn gerade die Bundesrepublik so schwer, Sanktionen zu verhängen? Ich glaube, daß das einfach eine Fehleinschätzung der eigenen wirtschaftlichen Interessen in Südafrika ist. Die Koalitionsparteien sind wohl der Ansicht, daß die deutschen Investitionen am besten dadurch geschützt werden, wenn das System bleibt, wie es ist. Es wäre aber selbst aus ökonomischer Sicht besser, sich auf die Seite der Mehrheit zu stellen, die über kurz oder lang die Macht in diesem Lande haben wird. Sind die beiden Afrika–Reisen von Weizsäcker und Strauß nicht ein abgekartetes Spiel? Ich glaube nicht, daß sich der Bundespräsident auf ein solches Spiel einlassen würde. Ich glaube auch nicht, daß es in der Bundesregierung einen ernsthaften Willen gibt, die Politik gegenüber Südafrika zu ändern. Der Außenminister kann sich fabelhaft hinter der extremen Position der CSU verstecken. Hat Weizsäcker - nach den Worten Mugabes - das repariert, was Strauß angerichtet hat? Ja, den Eindruck konnte man haben. Unter dem Strich ist das Ergebnis positiv. Ganz sicher hat der Bundespräsident im südlichen Afrika Erwartungen geweckt. Die SPD fordert schon lange umfassende und verbindliche Sanktionen, z.B. das Verbot der Ausfuhr von High–Tech–Erzeugnissen, das Importverbot südafrikanischer Rohstoffe und die Abberufung des deutschen Botschafters.
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