: Ein neues Wahlgesetz für Afghanistan
■ Wahlen ab 6.April? / Opposition droht Offensive gegen Hauptstadt an / Genfer Verhandlungen werden fortgesetzt
Genf/Islamabad (afp) - Vom 6. April an sollen in Afghanistan nach Angaben des Präsidenten Mohammed Nadschibullah landesweite Parlamentswahlen stattfinden. Der neuernannte zentrale Wahlausschuß habe die Wahlen innerhalb von zehn Tagen abzuhalten. Aus Moskau verlautete dagegen, daß frühestens drei Monate nach der Bekanntgabe des neuen Wahlgesetzes ein Wahltermin angesetzt werden könne. Das neue Gesetz wurde am Samstag in der afghanischen Presse veröffentlicht. Gemäß der Verfassung werde der Nationalrat aus zwei Kammern bestehen, dem „Vulusi Jirga“ der Abgeordneten und dem Senat. Alle Parlamentarier und „ein Teil“ der Senatoren würden vom Volk auf fünf Jahre in einer allgemeinen Wahl gewählt. Die anderen Senatoren werden vom Präsidenten ernannt. Zum Vorsitzenden des Wahlausschusses ist laut Radio Kabul der Chef der Nationalen Front, Abdul Rahim Hatef, ernannt worden. Wie der Rundfunksender weiter berichtete, habe die Regierung alle Oppositionsparteien zur Teilnahme aufgefordert. Kabul habe einige Senatssitze für Oppositionelle im Ausland reserviert. Nach Ansicht ausländischer Diplomaten hat Nadschibullah dringend einen Prestigegewinn nötig. Zwar werde ihn die Sowjetunion bis zum Rückzug ihrer Truppen auf jeden Fall halten, danach sei sein Schicksal jedoch ungewiß. Der neue Vorsitzende der afghanischen Widerstandsallianz, Gulbuddin Hekmatyar, hat am Samstag die Kabuler Bevölkerung vor einer bevorstehenden Offensive gegen Militäranlagen in der Hauptstadt gewarnt. Die Opposition lasse sich keinen „enttäuschenden und durchsichtigen Frieden“ aufzwingen, erklärte er. Jeder, der eine Lösung des Konflikts ohne die Mudschaheddin suche, müsse sich über die Verlängerung des seit acht Jahren dauernden Krieges im klaren sein. Nach Informationen von Hekmatyar versuche Moskau gegenwärtig in aller Stille Kontakte zu den Guerillas herzustellen, um über das Ende des Krieges zu verhandeln. Die angestrebte Kontaktaufnahme wolle Moskau aber nicht an die große Glocke hängen. Nach Angaben des UN–Sonderbeauftragten, Diego Cordovez, werden die Genfer Afghanistan–Verhandlungen am Montag fortgesetzt. Eine entscheidende Entwicklung der Gespräche sei frühestens Mitte der Woche zu erwarten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen