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ÖTV–Schlichtung gescheitert

■ Arbeitgeber legten sich bei dem Schlichtungsvorschlag zur Arbeitzeitverkürzung quer / Arbeitskampf ist nicht mehr ausgeschlossen / Am kommenden Dienstag entscheidende Verhandlungen zwischen den Tarifpartnern

Berlin (taz) - Die Schlichtungsverhandlungen im Tarifkonflikt des Öffentlichen Dienstes sind gescheitert. Die Arbeitgebervertreter von Bund, Ländern und Gemeinden haben dem mehrheitlichen Votum der Schlichtungskommission nicht zugestimmt. Wenn nun bei den am Dienstag fortgesetzten direkten Verhandlungen zwischen den Tarifparteien keine Einigung zustandekommt, ist ein Arbeitskampf im Öffentlichen Dienst möglich. Der mit den Stimmen der beiden Schlichter und der Gewerkschaftsvertreter zustandegekommene Vorschlag sieht eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit für die rund 2,3 Millionen Be schäftigten des Öffentlichen Dienstes um eineinhalb Stunden in zwei Stufen auf 38,5 Stunden vor. Eine erste Verkürzung von einer Stunde ist für den 1.April 1989, eine zweite von einer halben Stunde für den 1.April 1990 vorgesehen. Von den bisher im Öffentlichen Dienst gewährten jährlich zwei freien Tagen wird einer auf die Arbeitszeitverkürzung angerechnet, entfällt also, während der zweite weiterhin bestehen bleibt. Die Löhne und Gehälter werden langfristig festgelegt: Sie sollen in diesem Jahr um 2,4 Prozent, 1989 um 1,4 Prozent und 1990 um weitere 1,7 Prozent angehoben werden. In einer dem Schlichtungs spruch vorangestellten Bemerkung der beiden unparteiischen Schlichter Dr. Hermann Höcherl (CSU) und Prof. Walter Krause (SPD) heißt es zur Arbeitszeitverkürzung, der öffentliche Dienst könne daran „angesichts der Lage am Arbeitmarkt“ nicht vorbeigehen. Es müßten „nachdrücklich und konsequent alle Möglichkeiten“ ausgeschöpft werden, um die Chancen der Arbeitssuchenden auch im Öffentlichen Dienst zu verbessern. Die Arbeitgeber haben nach Angaben der beiden Schlichter der Empfehlung nicht zugestimmt, weil deren „Vorstellungen von den finanziellen Möglichkeiten der Haushalte vielleicht etwas anders lauten, als sie von der anderen Seite gesehen werden“. Hauptstreitpunkt war nach Angaben des Schlichters Krause die Behandlung der beiden freien Tage, die die Arbeitgeber beide abschaffen wollten. Zum Schluß der Verhandlungen hätten die Arbeitgeber, so Krause, ihre prinzipielle Verweigerung in Sachen Arbeitszeitverkürzung aufgegeben. Dennoch gehen Beobachter davon aus, daß die Arbeitgeber nicht wegen der Lohnvereinbarungen, sondern wegen der Arbeitszeitverkürzungen dem Schlichtungsspruch nicht gefolgt sind. Eine Einigung bei den Verhandlungen am Dienstag erscheint angesichts der Geringfügigkeit der verbleibenden Differenz durchaus möglich. marke

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