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Rechte im Aufwind

■ NPD sieht sich als Führungspartei im rechtsradikalen Lager bestätigt / „Die Republikaner sollen mit uns fusionieren“ / Die ÖDP sieht sich zu Unrecht dem rechtsradikalen Lager zugerechnet

Der Stuttgarter Diplompolitologe Udo Voigt, Mitglied des NPD–Parteipräsidiums, ist zufrieden und „angenehm überrascht“. Mit knapp 1,5 Prozent bei den baden–württembergischen Landtagswahlen habe man gerechnet, sagen die Rechtsradikalen. Auch mit den Wahlslogans der NPD ist ihr Erfolg nicht ohne weiteres zu erklären. Die „Ausländer raus“ Parolen gehören seit Jahren zum festen Repertoire der Musgnug–Truppe, und die Unzufriedenheit unter den schwäbischen Kleinbauern ist auch keine neue Erscheinung. Daß es trotzdem 2,1 Prozent geworden sind, hebt das Selbstbewußtsein ungemein. Die NPD, so Voigt, ist eindeutig die führende Kraft im nationalen Lager. Über 100.000 Wählerinnen und Wähler, so Voigts Schätzung, fühlten sich von der politischen Überzeugung der NPD angesprochen. Und hätten nicht viele um Späths Wahlsieg gebangt, wären es wohl noch mehr gewesen. „Die Republikaner“, so Voigts Forderung, „sollen sich jetzt mit uns verbinden“, „ähnlich wie in Frankreich brauchen wir eine vereinte Rechte“. Vor allem bei den kommenden Wahlen will die NPD jetzt am Ball bleiben. Die Zusammenarbeit mit der „Deutschen–Volksunion“ des rechtsradikalen Münchner Verlegers Gerhard Frey hat sich bewährt, auf ein gutes Abschneiden hofft die NPD jetzt bei den Landtagswahlen in Schleswig–Holstein und zu den Europawahlen im Juni kommenden Jahres, unter der Parole: „Erst Deutschland, dann Europa“. In Baden–Württemberg hatte die NPD auch in der Vergangenheit ihre größten Wahlerfolge erzielt. Mit knapp zehn Prozent war sie 1968 in den Stuttgarter Landtag gezogen. Und wieder wittert man Morgenluft. Dabei blieb es schon jetzt nicht mehr bei den traditionellen NPD–Nestern wie dem Heimatort des Bundesvorsitzenden Martin Musgnug in Tuttlingen, oder Villingen–Schwenningen, wo der Landesvorsitzende Jürgen Schützinger bei den letzten Bürgermeisterwahlen beachtliche 10 Prozent erhielt. Der Wahlerfolg landesweit beflügelt die NPD: „Spätestens nach den baden–württembergischen Kommunalwahlen sitzen wir in den Gemeinderäten und Kreistagen“. Von einem gemeinsamen Auftreten mit der NPD wollen die Republikaner, die auf ein Prozent der Stimmen kamen, nichts wissen. Ihr Landesvorsitzender Hans–Peter Köhler formulierte das knapp: „Mit der NPD wird es keine Zusammenarbeit geben.“ Dennoch: Die inneren Querelen um den Chef der Republikaner, Franz Schönhuber, sind noch lange nicht ausgestanden. Zwistigkeiten deuten schon jetzt daraufhin, daß die Republikaner sehr schnell wieder von der politischen Bühne verschwinden könnten. Daß dann eine überwiegende Mehrheit dieser Partei zur NPD überlaufen würde, ist ein offenes Geheimnis. Schon heute frohlocken NPD– Funktionäre: „In einigen Wahlkreisen gibt es schon jetzt enge Kontakte mit den Republikanern, das ist alles nur eine Frage der Zeit.“ Die konservativen Umweltschützer von der Ökologisch Demokratischen Partei unter Führung des ehemaligen CDU–MdB Herbert Gruhl, weisen jede Annäherung an die Rechtsextremen mit Empörung von sich. Peter Schröder, Bundesvorstandsmitglied und Pressesprecher, ist aber mit den heuer erreichten 1,4 Prozent zufrieden: „Kontakte mit Rechtsradikalen gab es nicht und wird es auch nicht geben.“ Von allen Seiten, so Schröder, sei man mit übelsten Diffamierungskampagnen überzogen worden. Mit Vehemenz wehrt sich die ÖDP dagegen, mit Republikanern und NPD in einen Topf geworfen zu werden: „Wir haben uns schon auf dem Bundesparteitag deutlich von den Rechtsparteien distanziert und wissen nicht, weshalb wir das immer wieder tun müssen.“ Vor allem auf dem flachen Land hatte die ÖDP bei den baden–württembergischen Landtagswahlen überdurchschnittlich gute Ergebnisse erzielt. Holger Reile

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