Machtgewinn für Krisenmanager Töpfer

■ Das neue Bundesamt für Strahlenschutz passierte das Kohl–Kabinett / SPD kritisiert das Amt als Instrument zur Aushöhlung der Länderkompetenz / Sitz der neuen Behörde in Niedersachsen geplant

Berlin (taz) - Bundesumweltminister Töpfer hat gestern seine neue Superbehörde installiert: Die Einrichtung des „Bundesamtes für Strahlenschutz“ (BfS) wurde vom Kabinett beschlossen. Das Amt soll die Aufsicht für Strahlenschutz, Entsorgung und Sicherheit der Atomenergie wahrnehmen und den Ländern beim Vollzug über die Schultern sehen. Die Bundesregierung präsentierte das Bundesamt als organisatorische Antwort auf den Hanauer Atomskandal. Damit könne die Atomenergie effektiver kontrolliert werden. Das Amt war jedoch schon vor Bekanntwerden der „Unregelmäßigkeiten“ bei Transnuklear und NUKEM ge plant und war auch Bestandteil der letzten Koalitionsverhandlungen. Töpfer legte gestern den Sitz des Amtes „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ nach Niedersachsen. Das BfS soll alle Atomtransporte genehmigen und beaufsichtigen, ebenso die Errichtung und den Betrieb von Zwischen– und Endlagern. Es ist für die Erfassung der Umweltradioaktivität zuständig und soll den Umweltminister in allen Sicherheitsfragen „wissenschaftlich und administrativ“ unterstützen. Der energiepolitische Sprecher der SPD, Michael Müller, kritisierte gegenüber der taz „Töpfers Beruhigungsbehörde“, die nach dem Atomskandal „neue Akzep tanz für die Atomenergie schaffen soll“. Außerdem bestehe die Gefahr, daß mit diesem Amt die ohnehin schmalen Kompetenzen der Länder ausgehöhlt würden. Der Grünen–Abgeordnete Wolfgang Daniels sprach von einem Machtausbau Töpfers, der damit die Länder in den Griff kriegen wolle. Wilhelm von Braunmühl vom Bund Naturschutz sieht wenig Erfolgschancen für die neue Behörde, wenn dort kein ausgewiesener kritischer Sachverstand etabliert werde. Wenn es Töpfer ernst meine, müßte er einen AKW– Kritiker an die Spitze der Behörde stellen. Nicht allein die Aufsichtsbehörden, auch die durch Atomanlagen Betroffenen vor Ort müßten mehr Rechte erhalten. Das neue Bundesamt für Strahlenschutz soll mit 350 statt ursprünglich geplanten 550 Mitarbeitern ausgestattet werden. 250 kommen aus schon vorhandenen Instituten und Anstalten, die jetzt einverleibt werden. Auf der letzten Sitzung des Atomforums war das Amt mit Hinweis auf das Kompetenz–Gerangel zwischen Bund und dem Land NRW in Sachen Schneller Brüter vorgestellt worden. Töpfer–Referent Hohlefelder: „Man kann nicht bei Transnuklear die Bundesaufsicht beschwören und sie beim Schnellen Brüter als Instrument zur Entmündigung (der Länder) diffamieren.“ -man–