Alle erleichtert, keiner begeistert

■ Positive Reaktionen auf den Waffenstillstand in Nicaragua, nur Washington mauert

Ein Tag nach dem Abkommen: Statt Jubel zeichnet sich auf Managuas Straßen die vorsichtige Hoffnung der Menschen ab, die den Frieden so dringend brauchen, aber noch nicht glauben wollen, daß er zustandekommt. Immerhin: Seit der Unterschrift ist kein Schuß mehr gefallen. Und während Hans– Jürgen Wischnewski sofortige Entwicklungshilfe für Nicaragua fordert, gibt Entwicklungsminister Klein Contra. Er will erst zahlen, wenn in Nicaragua „demokratische Verhältnisse herrschen“.

Von Feststimmung war am Donnerstag morgen in Managua nicht viel zu spüren. Trotz des Durchbruchs bei den Verhandlungen zwischen der Regierung und der Contra will keine Euphorie aufkommen. Zwar hegt man große Hoffnungen, daß sich jetzt etwas ändert. Doch zulange dauert nun der Krieg schon, als daß man an einen schnellen Frieden glauben mag. Das Abkommen von Sapoa wird allgemein begrüßt. Aber immer wieder wird auch der Verdacht geäußert, die Contra suche nur eine Atempause, um dann nach 60 Tagen mit stärkerem internationalem Rückhalt wieder loszuschlagen. Anderen wieder geht es gegen die politische Moral, daß den Contras, die dem Land einen Krieg mit 25.000 Toten aufgezwungen haben, nun volle politische Rechte eingeräumt werden sollen. Barricada, das offizielle Organ der Sandinisten, und der ihnen nahestehende Nuevo Diario meldeten die Ereignisse groß in Wort und Bild, obwohl der Vertragstext den Journalisten erst kurz nach Mitternacht bekanntgegeben wurde. Auch die ersten durchweg positiven Stellungnahmen der mittelamerikanischen Staatsoberhäupter fanden noch Eingang in die beiden Blätter. Und in einer Extra–Ausgabe brachte die Barricada am Nachmittag bereits Auszüge aus der US–Presse über das Ereignis. Am Abend erschien dann die konservative Prensa mit der Schlagzeile „Nicaragua hat gesiegt“ und würdigte in ihrem Leitartikel die Verhandlungskunst und Seriosität beider Seiten. Es gebe „weder Sieger noch Besiegte“. Ein Gradmesser für die politische Reife der bisherigen Kriegsgegner wird ein Treffen in zwei Wochen sein. Am 6. April werden die Contra–Führer zu weiteren Verhandlungen nach Managua kommen. Wie wird sich die Basis der FSLN verhalten, wenn in der Hauptstadt diejenigen erscheinen, die diesen siebenjährigen Krieg zu verantworten haben? Wie werden die Sympathisanten der Contra ihren Etappensieg feiern, den Erfolg, daß die Führer des „Nationalen Widerstands“ zu hochoffiziellen Verhandlungen nach Managua zurückkommen, das sie vor so vielen Jahren verlassen haben. Die politische Landschaft Nicaraguas wird sich ändern. Die Opposition wird nun beim nationalen Dialog ein größeres Gewicht in die Waagschale werfen. Bislang waren - wie im zentralamerikanischen Friedensabkommen vorgesehen - ausschließlich die legalen politischen Parteien an den politischen Verhandlungen beteiligt, bei denen vor allem eine Verfassungsreform zur Debatte steht. Nun kommen die Contra noch hinzu. Adolfo Calero, führendes Mitglied der Contra–Verhandlungsdelegation, gelobte am Donnerstag, man werde die Waffen nicht niederlegen, wenn es keinen „wesentlichen Fortschritt“ im nationalen Dialog gebe. Calero: „Wenn die Sandinisten nicht einen Weg finden, um Staat, Armee und Partei voneinander zu trennen, dann gibt es für uns keine Demokratie. Und ohne Demokratie kann es keinen definitiven Waffenstillstand geben.“ Alfredo Cesar, sein Konkurrent in der Contra–führung, der bereits die Gründung einer neuen „Sozialistischen Partei“ in Nicaragua angekündigt hat, pflichtete Calero in einem anderen Interview bei: „Unsere einzige Garantie sind unsere Gewehre. Wir werden sie nicht aufgeben, bis wir nicht einen irreversiblen Demokratisierungsprozeß in Nicaragua sehen.“ Der nicaraguanische Vizepräsident Sergio Ramirez hat die US– Regierung aufgefordert, wieder direkte Gespräche mit seiner Regierung zu beginnen. Nach den erfolgreichen Waffenstillstandsverhandlungen mit den von den USA gestützten Rebellen sei dies „notwendiger als je zuvor“, sagte Ramirez in der Nacht zum Freitag in Mexiko–Stadt nach einem Treffen mit dem mexikanischen Präsidenten, Miguel de la Madrid. Eva von Hase–Mihalik