: D O K U M E N T A T I O N Armenier melden sich zu Wort
■ Streik in Karabach geht weiter / Demo in Eriwan aufgelöst / Gorbatschow will „Maximum an Respekt“ / Aufruf der Armenier: „Kämpfen Sie für Perestroika und Glasnost“
Berlin (afp/rtr/taz) - Mit einem Appell meldeten sich die Streikenden von Karabach erstmals seit Streikbeginn zu Wort. Die Streikaktionen in Stepanakert, der Hauptstadt von Berg–Karabach, wurden fortgesetzt und offenbar ausgeweitet. Ein Journalist der „Sowjetskij Karabach“ teilte westlichen Presseagenturen mit, der Streik werde so lange fortgesetzt, bis die sowjetische Führung der Forderung nach einem Anschluß Berg–Karabachs stattgebe. Dafür gibt es noch keine Anzeichen. Westliche Journalisten sind aber überrascht, mit welcher Offenheit seit Neuestem in den sowjetischen Medien über den Konflikt berichtet wird. In einem Gespräch mit dem italienischen KP–Chef Alessandro Natta soll der sowjetische Parteichef Michail Gorbatschow dafür eintreten, daß beiden Volksgruppen, Aserbeidjanern und Armeniern, mit „großem Respekt“ begegnet werden müsse. In der aserbeidjanischen Stadt Sumgait, dem Schauplatz der Massaker an der armenischen Minderheit am 28.Februar, wurde am Mittwoch die Ausgangssperre wieder aufgehoben. Dagegen waren gestern die Telefonleitungen nach Eriwan immer noch unter Kontrolle der Geheimdienste. Aufruf der Armenier 1. Die Ereignisse in Karabach haben gezeigt, daß Glasnost und Perestroika verraten worden sind. 2. Wir rufen das ganze armenische Volk und alle ehrlichen Menschen der UdSSR zum Generalstreik auf, bis folgende Forderungen erfüllt werden: a. lückenlose, öffentliche, ehrliche Untersuchung der Ereignisse in Berg–Karabach, b. Entscheidungen auf dem Rechtswege über gesetzmäßige Entschlüsse des Parlaments und der Parteikomitees von Berg–Karabach, über die Angliederung dieser Region an Armenien sollte entsprechend der Verfassung entschieden werden. c. Ehrliche, öffentliche Untersuchungen der Verfolgung der Armenier in Aserbeidschan und Bestrafung von ca. 20.000 Straftätern und ihrer Hintermänner in der Parteiführung, KGB und Miliz in Baku und Moskau. Kämpfen Sie für Perestroika und Glasnost. Die armenische Bevölkerung von Karabach
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