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AKW Lingen geht in Betrieb

■ Niedersachsen erteilt Betriebsgenehmigung für 1.300–Megawatt–Reaktor Lingen II / Klagen vor dem OVG Lüneburg / Niedersachsen jetzt mit 70 Prozent Atomstrom / Legionärskrankheit durch AKW?

Aus Hannover Jürgen Voges

Das niedersächsische Umweltministerium hat gestern die Betriebsgenehmigung für das Atomkraftwerk Lingen II erteilt. Der mit den AKWs Ohu II und Neckarwestheim II baugleiche Druckwasserreaktor soll nun in den nächsten Monaten stufenweise angefahren werden und im Sommer seine volle Leistung von 1.300 Megawatt erreichen. Mit Lingen II, in dem ab 1982 runde 5 Milliarden DM verbaut worden sind, würden über 70 Prozent des Stroms in Niedersachsen in AKWs erzeugt. Gegen die Inbetriebnahme des Atomkraftwerks an der Ems wollen sowohl der Bremer Juraprofessor Gerd Winter als auch der Berliner Rechtsanwalt Rainer Geulen umgehend Klage vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg einreichen. Die Klage des Bremer Juristen richtet sich gegen den fehlenden Entsorgungsnachweis und eine Reihe von Sicherheitsmängeln. Auf dem Papier „entsorgt“ werden soll das AKW durch eigene Zwischenlagerung und Kapazitäten, die man sich im Lager für abgebrannte Brennelemente in Gorleben reserviert hat. Es sei aber nicht absehbar, so Professor Winter, ob das Gorlebener Zwischenlager jemals in Betrieb gehe, außerdem seien die dort reservierten Kapazitäten für die Entsorgung von Lingen II unzureichend. Auf den juristischgen Prüfstand will der Bremer Professor auch die Sicherheitsanalyse des AKWs bringen. Die Risikoanalyse für Lingen II läßt seiner Ansicht nach vielerlei Möglichkeiten des menschlichen Fehlverhaltens unberücksichtigt. Nach neueren US–amerikanischen Untersuchungen könne die Sicherheitshülle des Reaktors bei bestimmten Unfällen innerhalb weniger Minuten bersten. Außerdem müsse man auch die Wirkungen der von den AKWs ausgehenden radioaktiven Niedrigstrahlung neu bewerten. Die Klage des Berliner Rechtsanwalt Geulen richtet sich allein gegen die immissionschutzrechtliche Genehmigung für den Kühlturm. Geulen will vor dem OVG durch Gutachten beweisen, daß von Lingen II gesundheitsgefährdende Asbest– Emissionen ausgehen. In keinem anderen bundesdeutschen Kühlturm seien so viele Asbest–Faser– Platten verbaut worden. Die Temperaturen in dem Turm böten darüber hinaus Bakterien ideale Vermehrungsbedingen. Laut Untersuchungen aus den USA und einem Gutachten zu Lingen II bestehe die Gefahr, daß durch den AKW–Betrieb „Legionellen“, die Erreger der „Legionärskrankheit“, in der Umgebung verteilt würden.

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