: Südafrika - Angola - Kuba
■ Im diplomatischen Verwirrspiel um den Abzug von Südafrikanern und Kubanern geht es langsam vorwärts
Geht der Reagan–Doktrin die Puste aus? Von der Ankündigung ihres Namensgebers, überall in der „Dritten Welt“ die Sowjetunion zu bekämpfen und bedingungslos jede anti–kommunistische Guerilla mit Waffen zu unterstützen, bleibt immer weniger übrig. Nach Nicaragua und Afghanistan deutet sich auch in Angola eine Phase zäher, aber ernsthafter Verhandlungen an. Noch stehen die Fronten: die USA, Südafrika und ihre Guerilla UNITA auf der einen Seite, Angolas Regierung, Kuba und die Sowjetunion auf der andeen. Doch hinter den Kulissen sind die Gespräche schon weitergekommen. Die Kernpunkte eines möglichen Abkommens: der Abzug von kubanischen und südafrikanischen Truppen aus Angola und die Unabhängigkeit Namibias. Vier der Beteiligten - Angola, Südafrika, Kuba und die USA - werden sich nach jüngsten Meldungen bald auf neutralem Boden treffen. Ort der Begegnung: die Kapverdischen Inseln. Zeitpunkt: noch vor dem Gipfeltreffen zwischen Gorbatschow und Reagan Ende Mai.
Noch wechseln Kriegs– und Friedenssignale einander ab. Da gibt am vergangenen Wochenende die südafrikanische Militärführung zum ersten Mal zu, bei den Kämpfen um die Stadt Cuito Cuanavale im Südosten Angolas eigene Panzer auf seiten der UNITA–Guerilla einzusetzen. Da hat - wenige Tage zuvor - der vom Apartheid– Regime ausgehaltene UNITA– Chef Jonas Savimbi die Bildung einer Gegenregierung angekündigt. Die Rauchzeichen des Friedens: Zu Jahresbeginn hat Südafrika wieder einmal angekündigt, im Falle eines Abzugs der auf 40.000 Mann geschätzten kubanischen Truppen das südlich gelegene Namibia in die Unabhängigkeit zu entlassen. Damit würden sie endlich der Aufforderung der UNO folgen, die schon 1978 festgestellt hatte (“Resolution 435“), daß die südafrikanische Besetzung des ehemaligen Deutsch– Südwest unrechtmäßig ist. Mitte März zog dann die angolanische Regierung mit einem Kompromißvorschlag nach: Sie bot an, die kubanischen Verbündeten nach und nach wieder über den Ozean zu schicken. Der stufenweise Friedensplan soll so verwirklicht werden: Im ersten Jahr zieht Südafrika alle seine Soldaten über die Grenze nach Namibia zurück. Gleichzeitig rücken die Kubaner ihre 12.000 im Süden Angolas kämpfenden Truppen nach Norden (über die Benguela–Eisenbahnlinie hinaus). Dann könnten Verhandlungen mit UNITA und Vorbereitungen für die Unabhängigkeit Namibias folgen. Nach spätestens drei Jahren wäre Namibia unabhängig, alle Kubaner hätten Angola verlassen, die USA und Südafrika hätten sich gegenüber Angolas Regierung per Vertrag verpflichtet, ihre Unterstützung für UNITA einzustellen. Angola seinerseits hätte seine Unterstützung für Südafrikas ANC– Opposition und die SWAPO–Guerilla in Namibia aufgegeben. Doch mit dem angolanischen Vorschlag begann das diplomatische Gerangel erst richtig. Südafrika und die USA lehnten erst einmal ab. Sie wollten detailliertere Vorschläge - und vor allem ein festes Abzugsdatum der Kubaner. Der Durchbruch hängt offenbar an der Frage: Wer macht den ersten Schritt? Oder: Wer traut wem wieweit über den Weg? Selbst Experten der US–Regierung bezweifeln, daß Pretoria eine schnelle Friedensregelung will. Zu oft haben die Rassisten in der Vergangenheit schon verheißungsvolle diplomatische Fortschritte durch eine Eskalation des Krieges in Südangola torpediert. Außerdem fragt man sich auch in Washington, ob das Botha–Regime in der Lage wäre, den innenpolitischen Widerstand von rechts gegen das Aufgeben Namibias zu überwinden. Die Angolaner haben ihrerseits Zweifel, ob US– Staatssekretär Crocker, der im Außenministerium für Afrika zuständig ist und seit Jahren die Angola–Reisediplomatie in Schwung hält, als unparteiischer Vermittler geeignet ist. Schließlich unterstützt seine Regierung die UNITA mit jährlich 30 Millionen Dollar - zur Regierung in Luanda dagegen unterhält sie nicht einmal diplomatische Beziehungen. Doch Mißtrauen hin, Zwangslage her: die frühere Befreiungsbewegung MPLA, die seit der Unabhängigkeit 1975 Angolas Regierung stellt, braucht bald einen Frieden. Die Wirtschaft liegt am Boden ( siehe nebenstehenden Artikel), und die militärische Großoffensive, die Angolas Armee im vergangenen Oktober gestartet hatte, konnte UNITA nicht aus dem Land vertreiben. Im Gegenteil: Südafrika setzte eigene Truppen in Südangola ein und ging, zusammen mit UNITA, zum Gegenangriff auf die strategische Garnisonsstadt Cuito Cuanavale. Was mit Artilleriebeschuß begann, ist mittlerweile zum Angriff mit Panzern geworden. Dennoch: Die Stadt konnte gehalten werden, und Südafrika mußte Verluste zugeben - mehr als 40 Soldaten und eine Anzahl Flugzeuge (die an geblich wegen des Waffenembargos gegen den Apartheidstaat nicht ersetzt werden können). Allerdings: Südafrika braucht nicht unbedingt einen militärischen Sieg. Ähnlich wie in Nicaragua die Contra soll UNITA vor allem die angolanische Regierung und Kuba an den Verhandlungstisch zwingen. Am liebsten wäre den Südafrikanern sogar gewesen, sich direkt mit Moskau an einen Tisch zu setzen. Als zu Jahresbeginn Pretorias Verteidigungsminister Magnus Malan diesen Vorschlag präsentierte, holte er sich jedoch eine Abfuhr. Statt dessen konferierte der sowjetische Außenminister Schewardnadse lieber mit George Shultz über Angola. Und auf der Rückreise von Washington legte er neulich noch einen Zwischenaufenthalt in Lissabon ein - zu einer Lagebesprechung mit der ehemaligen Kolonialmacht. Vor allem aber hat es seit Ende letzten Jahres häufiger direkte Kontakte zwischen den Regierungen Südafrikas und Angolas gegeben. UNITA–Chef Savimbi reagiert darauf nervös. Mit der Bildung einer Gegenregierung demonstriert er jetzt nicht nur die „Unabhängigkeit“ von Südafrika, die ihm in Wahrheit fehlt. Vor allem will er seinen Anspruch anmelden, mit am Tisch zu sitzen. Da Angolas Regierung ihrerseits Savimbi als Söldner und Verräter ansieht, der nicht Verhandlungspartner sein kann, wird sich das Tauziehen - wer mit wem worüber redet - wohl noch eine Weile hinziehen. Das Schlimme ist: Der Krieg geht derweil weiter. Hans Brandt/Stefan Schaaf/mr
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