: Ein Leben gegen die Apartheid
■ Der südafrikanische Schriftsteller Alan Paton starb gestern im Alter von 85 Jahren
Aus Johannesburg Hans Brandt
„Ich habe eine große Befürchtung: daß eines Tages, wenn sie (die Weißen) sich der Liebe zuwenden, wir (Schwarzen) uns schon dem Haß zugewandt haben.“ Diese Worte, die der schwarze Protagonist am Ende von Alan Patons berühmtem Roman, „Cry, the Beloved Country“ (“Weine, geliebtes Land“), ausspricht, sind fast ein Motto für das Leben des gestern im Alter von 85 Jahren gestorbenen südafrikanischen Schriftstellers. Bis zuletzt hielt er an seiner liberalen Überzeugung fest und sprach von der Möglichkeit, daß Haßgefühle das Land überschwemmen und Südafrika unregierbar werden könnte. Das Jahr 1985, in dem Tausende in gewalttätigen Aufständen gegen die Apartheid umkamen, nannte er das unglücklichste seines Lebens. Alan Paton wurde am 11.Januar 1903 in Pietermaritzburg in der Provinz Natal geboren. Er studierte Natur– und Erziehungswissenschaften an der Universität Natal und unterrichtete acht Jahre lang in einer kleinen Dorfschule. 1935 wurde er Direktor der Diepkloof Besserungsanstalt für Schwarze bei Johannesburg. Hier lernte er Führer des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC), darunter den damaligen ANC–Präsidenten und Friedensnobelpreisträger Albert Luthuli, kennen. Patons liberale Vorgehensweise in der Besserungsanstalt brachte ihn in Konflikt mit Hendrik Verwoerd, damals Chefredakteur einer burischen Zeitung und später Premierminister und Architekt der Homeland–Politik. Als die Nationale Partei 1948 an die Macht kam, wurde Patons Besserungsanstalt geschlossen. Doch seine Arbeit dort gab Anlaß zu Patons erstem und berühmtesten Roman, „Cry, the Beloved Country“. Seitdem hat er verschiedene Romane, Theaterstücke, historische Bücher und politische Essays geschrieben. Paton war 1953 Mitbegründer der Liberalen Partei, die er von 1956 bis zum Verbot der Partei 1968 als Vorsitzender leitete. Seitdem hat er keine direkten Verbindungen mit einer politischen Partei mehr gehabt. Er hatte bis zuletzt großen Respekt für Nelson Mandela. Doch er kritisierte die Politik des ANC und der Vereinigten Demokratischen Front (UDF) wiederholt. Zuletzt beschuldigte er die beiden Organisationen, die zu Verhandlungen notwendigen Qualitäten nicht zu besitzen. Statt dessen engagierte Paton sich in den letzten Jahren für die von Zulu– Chef Buthelezi vorgeschlagene politische Verschmelzung des Homelands KwaZulu mit der weißen Provinz Natal. „Die Menschen von KwaZulu und Natal sind in der Lage, unserem zur Zeit zutiefst unglücklichen und geteilten Land ein Beispiel der Rassenzusammenarbeit zu geben, das vielen Hoffnung geben würde, die jetzt fast der Verzweiflung nahe sind“, schrieb er 1987. Doch die blutigen Kämpfe in Patons Geburtsstadt Pietermaritzburg in den letzten Monaten zwischen Buthelezis Inkath–Organisation und der UDF haben wohl auch diese Hoffnung zerstört. Wie er schon vor fünf Jahren befürchtete, starb Paton, ohne „mit der Hand auf dem Herz sagen zu können, daß ich stolz bin, ein Südafrikaner zu sein“.
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