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Contras in Managua - am Verhandlungstisch

■ Gestern traf die gesamte Contra–Führung aus Honduras in Managua ein / Bei den anstehenden Verhandlungen mit den Sandinisten auf höchster Ebene geht es letztlich um die Unterzeichnung eines stabilen Waffenstillstandsabkommens / Verhandlungsdetails umstritten

Aus Managua Ralf Leonhard

„Weihnachten feiern wir in Managua.“ Diese optimistische Voraussage hatte ein Contra–Führer 1982 in Honduras gemacht, und sie wurde von verschiedenen Sprechern der Konterrevolutionäre Jahr für Jahr wiederholt. Jetzt sind die Contra–Chefs tatsächlich in Managua. Allerdings nicht als strahlende Sieger, die die sandinistischen Verteidigungslinien überrannt und einen Volksaufstand gegen die „Sandino–Kommunisten“ ausgelöst haben, sondern als Partner an einem Verhandlungstisch, an dem über einen bleibenden Waffenstillstand in Nicaragua entschieden werden soll. Die gesamte Contra–Führung wurde für Freitag nachmittag aus Honduras erwartet. Bis zuletzt herrschte Unsicherheit: kommen sie oder kommen sie nicht? Würden die Contra–Bosse dem Druck der Reagan–Regierung nachgeben und das Treffen boykottieren? Hatten sie doch bereits den ursprünglich vorgesehenen Termin am 6. April platzen lassen. Daß dann Dienstag der neue US–Botschafter Richard Melton in Managua eintraf, um seinen Posten zu übernehmen, konnte nur eines heißen: grünes Licht aus Washington für die Fortsetzung der Friedensverhandlungen. Auch die Quartierfrage wurde einvernehmlich gelöst. Während die Regierung das jüngst renovierte Hotel Mercedes gegenüber dem Flughafen als Tagungsort ausersehen und mit zusätzlichen Telefon– und Telexleitungen ausgestattet hatte, waren im zentral gelegenen Intercontinental bereits 50 Zimmer von der Contra reserviert worden. Eine Quartiermeisterdelegation der Contras, die Donnerstag in Managua eintraf, einigte sich schließlich mit Tourismusminister Herty Lewites auf einen Kompromiß: Unterbringung und Gespräche werden im privaten Hotel Camino Real stattfinden. Das hat zwar keine geeigneten Tagungsräume, liegt aber dafür in Flughafennähe und bietet den Contras daher geringe Möglichkeiten für Propagandaktionen. Besuche bei der Opposition und Cocktails mit dem di plomatischen Corps wurden den Verhandlungsgegner von ihrem Wunschzettel gestrichen. Es geht dieses Wochenende in Managua in Gesprächen auf höchster Ebene um die Unterzeichnung eines bleibenden Waffenstillstandabkommens. Am 23. März hatten beide Kriegsparteien im nicaraguanischen Grenzort Sapoa eine 60tägige Waffenruhe vereinbart. Letzte Woche wurden von sogenannten technischen Kommissionen sieben Zonen geographisch definiert: insgesamt an die 21.000 qkm, also fast ein Sechstel des Nationalterritoriums, wird von sandinistischen Truppen bis 15. April geräumt. Gleichzeitig sollen sich alle in Nicaragua befindlichen Contra–Kämpfer dort konzentrieren: mit all ihren Waffen. Über Details der Abwicklung wird wenige Stunden vor dem historischen Treffen noch von nachgeordneten Delegationen in Sapoa verhandelt. Die Contras verlangen zum Beispiel, daß auch „Personal der politischen und zivilen Verwaltung der Regierung und deren dezentrale Dienststellen die Zonen verläßt“. Sie beanspruchen sogar die Lufthoheit für diese Gebiete und wollen Regierungsfahrzeugen die Durchfahrt auf dem Wasser–, See– und Luftweg untersagen. Gleichzeitig fordern sie die Auflösung der Bauernmilizen in diesen Territorien und wollen „Waffen, Munition und Kriegsmaterialien, die während der Waffenstillstandsperiode zerstört, beschädigt oder verbraucht werden“, regelmäßig ersetzen können. Die sandinistische Regierung hingegen soll während dieser Zeit keine Waffenlieferungen aus dem Ausland annehmen dürfen. „Die Contras wollen befreite Zonen schaffen, die sie militärisch nicht erobern konnten“, kommentierte ein Beobachter. In den sieben Zonen, die in den Kriegsgebieten des Nordens, Ostens und Südostens liegen, befinden sich allerdings nur zwei Agrargenossenschaften und ein paar dünn besiedelte Weiler. Der sandinistische Gegenvorschlag basiert auf dem Abkommen von Sapoa vom 23. März. Er garantiert allen ehemaligen und gegenwärtigen Kollaborateuren unter der Zivilbevölkerung Straffreiheit und erlaubt allen in den letzten Jahren zwangsumgesiedelten Bauern die Rückkehr in ihre alten Dörfer. Daß die Contra–Zonen allerdings aus der zivilen Verwaltung herausgelöst werden, kommt für die Sandinisten nicht in Frage. Auch bei der Organisation, die die Versorgungsgüter ins Land bringen soll, gibt es Meinungsverschiedenheiten. Die Contras wollen „ein Privatunternehmen“ ihrer Wahl beauftragen, die Regierung spricht von „einvernehmlich bestimmten neutralen Organisationen“. 48 Mio. Dollar an nicht– militärischer Hilfe, die vom US– Kongreß bewilligt wurden, sind der CIA–nahen Entwicklungshilfeorganisation AID zur Verteilung übertragen worden. Ein klarer Verstoß gegen das Sapoa–Abkommen. Präsident Ortega hat außerdem dagegen protestiert, daß dieses Paket Kommunikationsgerät im Wert von zwei Mio. Dollar enthält. Als humanitäre Güter gelten nur Nahrung, Kleidung, Medikamente und Unterkünfte.

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